Weil das Wirtschaftsministerium Projekte fördert, um brach liegende Flächen wieder für Gewerbe zu nutzen, rechnet sich das Vorhaben.

Uetersen. Vor 70 Jahren zeugte der 60 Meter hohe Getreidespeicher vom Reichtum in der Region. Doch als die Genossenschaft im September 1992 die Tore schloss, kehrte Ruhe ein - und jeglicher Wiederbelebungsversuch blieb im Staub der alten Getreideschütten hängen. Jetzt soll abgerissen werden, so wollen es Bürgermeisterin Andrea Hansen und die Mehrheit der Kommunalpolitiker.

Auf eine Million Euro werden die Kosten für den Abriss geschätzt. Das Problem: Der gewaltige Bau kann nicht gesprengt werden. Stattdessen muss er vom Dach aus Stück für Stück abgefräst werden - mit allen Problemen wie der Beseitigung des gefährlichen Baustoffs Asbest.

"Wenn es in der Ratsversammlung eine Mehrheit für den Abriss gibt, werden wir das Vorhaben europaweit ausschreiben", sagt die Bürgermeisterin.

Die Ausgabe kann sich die Stadt Uetersen nur deshalb leisten, weil das Kieler Wirtschaftsministerium Vorhaben fördert, um brach liegende Industrieflächen wieder für Gewerbe nutzen zu können. 60 Prozent der Abrisskosten will Kiel tragen. Den Rest der Summe hofft Uetersen schnell durch den Verkauf der Fläche wieder einnehmen zu können.

Mehrere Firmen und Investoren haben bereits ihr Interesse bekundet, das Gelände zu erwerben. Auch das nahe gelegene Pharmaunternehmen Nordmark gehört dazu, das Platz für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes sucht.

Da der Abriss immer wahrscheinlicher wird, werden jetzt viele Pläne der vergangenen zehn Jahre endgültig zu den Akten gelegt. Eine Pharmaschule zählte dazu ebenso wie die Nutzung des Silos als Kultur- und Kommunikationszentrum, eine Idee, die die Planungsgruppe Haß aus Rellingen 2001 auf Wunsch von Bürgermeister Karl Gustav Tewes entwickelte.

Der ehemalige Bürgermeister Wolfgang Wiech hatte der Stadt mit einer handstreichartigen Entscheidung vor vier Jahren erst den Zugriff auf den Speicher gesichert. Für 20 000 Euro erwarb Uetersen die Immobilie samt Gelände. Ein privater Käufer, der nach eigenen Angaben bereits vorher einen Vertrag für das Grundstück abgeschlossen hatte, musste die Sanierung in Eigenarbeit einstellen. Nur mit Mühe gelang es der Verwaltung anschließend, zwischenzeitliche Nutzer wie Musikgruppen davon zu überzeugen, sich andere Übungsräume zu suchen. Wiech brachte seinerzeit ins Gespräch, in der Industrieruine einen Treffpunkt für Heranwachsende zu schaffen, so wie es vorher das Szenelokal "Bowy" gewesen war.

Kurz vor der Abrissentscheidung hat ein Unternehmer seinen Hut in den Ring geworfen. Er will das Gebäude Schritt für Schritt für sportliche und kulturelle Zwecke herrichten - bis hin zum Klettern am Speicher.

Bei der Politik gibt es dafür wenig Unterstützer. "Wir sind für den Abriss", sagt Ingo Struve (SPD), Vorsitzender der größten Ratsfraktion. CDU und Wählergemeinschaft BfB hatten sich bereits vorher für den Abriss entschieden.