Die Sonnenstrahlen funkeln tausendfach auf dem krisseligen Wasserspiegel. Teich und Gräben schmiegen sich an fettes Marschgrün und über allem liegt das sanfte Azur mit Wolkensprengseln. Und Vögel. Überall Vögel!

Wedel. Wenn man einatmet, flutet Frische auch in die letzte Bronchiole - kein Zweifel: Es gibt unangenehmere Arbeitsplätze als die Carl Zeiss-Vogelstation in der Elbmarsch bei Wedel. Jonas Brockstedt ist 20 Jahre alt und hat jetzt einen Job mitten in diesem Naturparadies am Rande der Stadt. Er absolviert sein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) in der Station des Nabu.

"Ja, es ist schön hier!" bestätigt Brockstedt, der aus Wermelskirchen stammt. Nein, ein fanatischer Tierschützer sei er nicht, "aber schon immer habe ich mich für Umweltdinge interessiert." TV-Berichte über Ölkatastrophen gingen ihm bereits als Kind nah, und Zuhause lag auch immer das Greenpeace-Magazin zum Schmökern aus, weil seine Eltern spendeten. "Doch engeren Kontakt mit Naturschutzverbänden habe ich bekommen, als ich mich im Rahmen des Zivildienstes um eine FÖJ-Stelle bemühte."

Der Norden sollte es sein und "etwas weiter weg von Zuhause". Bei der Recherche im Internet ist der Realschüler auf die Station gestoßen - und auf Marco Sommerfeld, der die Einrichtung des Nabu-Hamburg in der Wedeler Marsch bei Fährmannssand leitet. "Seit 2006 bieten wir FÖJ-Stellen und sind erfolgreich. Jonas Vorgänger hat jetzt angefangen, Biologie zu studieren", freut sich Sommerfeld.

Einen Sinn für nachhaltiges Handeln zu bekommen, ist ein zentrales Anliegen während des FÖJ, das in Schleswig-Holstein unter anderem von der evangelisch-lutherischen Kirche Koppelsberg getragen und auch aus Mitteln des Landwirtschaftsministeriums finanziert wird. "In fünf Seminarwochen beschäftigen wir uns mit verschiedenen Themen und ihren Auswirkungen auf die Umwelt. Jeder FÖJ-ler bereitet einen Stoff seiner Wahl auf", so Brockstedt. Energie, Konsum, Klimawandel sind nur einige Beispiele.

Das ornithologische Fachwissen bekommt er von Sommerfeld und Mitstreitern während seiner Dienstzeit in der Station quasi nebenbei vermittelt. "Zu Beginn konnte ich kaum einen Wellensittich von einer Ringeltaube unterscheiden", scherzt Brockstedt, "aber hier lernt man ziemlich schnell durch das ständige Beobachten. Und dann gibt es ja auch noch Bücher."

Zwischen 30 und 40 Vogelarten, die sich rund um die ehemalige Klei-Entnahmestelle in der Marsch tummeln, muss Brockstedt optisch unterscheiden können. Dazu kommt Fachwissen zu Lebens- und Zuggewohnheiten, Nahrung und was sonst noch so für die Stationsbesucher interessant sein könnte. Denn die Information der Besucher während der Öffnungszeiten mittwochs, donnerstags, sonnabends und sonntags ist eine Hauptaufgabe des FÖJ-lers. Langeweile ist ein Fremdwort, denn 200 Besucher pro Tag sind keine Seltenheit.

Außerdem erledigt Brockstedt Pflegearbeiten rund um die Station und an der Station. Da ist immer was zu mähen oder zu reparieren. Bei Vogelzählungen hat er auch schon mitgemacht.

Sehr viel Freude hat er, wenn er die Jugend betreut. Da stehen Exkursionen zu wichtigen Einrichtungen wie Wasserwerken an, und Tierschutz ist angesagt. Ein großes Projekt ist der Bau eines Insektenhotels. Da wird den jungen Leuten einerseits das Thema nahe gebracht und andererseits werden die Lebensbedingungen von Tieren verbessert - Jonas Brockstedt schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe - als Naturschützer aber wirklich nur im übertragenen Sinn.