Fachhochschul-Absolventen entwickeln Technologie, die sowohl Maus als auch Tastatur am PC überflüssig macht.

Wedel. Wenn ZDF-Nachrichtenmann Claus Kleber mit bloßem Fingerkontakt Grafiken und Bilder über den Studio-Hintergrund zieht, dann mag das für den Computer-Laien mächtig beeindruckend sein - doch im Vergleich zu der Präsentations-Technologie von Matthias Woggon und Johannes Ryks aus Wedel ist das kalter Kaffee. Die Absolventen der Fachhochschule beschäftigen sich mit den immensen Einsatzmöglichkeiten der "Cooperative Workbench", kurz: "CoBench". Ryks und Woggon haben dafür das Unternehmen "eyefactive" ins Leben gerufen - das gleich zwei Gründerpreise des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie abgeräumt hat. Die Perspektiven der Firma erscheinen fantastisch.

Basis der Technik bildet die "CoBench" - das ist ein tischartiges Gerät, das Bildschirm und Bedienoberfläche kombiniert - ähnlich wie bei einem iPhone. Doch während diese Telefonspielart auf Druck reagiert, nehmen in der "CoBench" Kameras Bewegungen auf und setzen sie mittels Computersoftware in Aktionen um, die wiederum von Beamern auf die gläserne Tischoberfläche projiziert werden. Ein Beispiel macht es anschaulich: Ein Computerprogramm erzeugt Puzzle-Teile auf der Tischoberfläche. Sie sind ungeordnet. Zusammengesetzt wird das Puzzle nun, indem man ein Teil mit der Fingerkuppe berührt und es zum passenden Nachbarteil zieht. Dabei kann es auf der Oberfläche beliebig gedreht werden. Das Software-Prinzip ermöglicht es überdies, projizierte Elemente zu vergrößern, verkleinern und über die Fläche zu verschieben - so können gleichzeitig mehrere Personen, die um diesen Tisch herumstehen, mit einem Programm arbeiten und es verändern.

Mögliche Anwendungsideen: Für Architekten wird die "Co Bench" zur "Kreativ-Bank. Sie können virtuelle Zeichnungen hin- und herschieben und ergänzen, und nebenbei läuft die Berechnung der Statik und das zu planende Gebäude wird per Bildverarbeitung auch gleich in die Nachbarschaftsszenerie eingefügt. Oder Schüler werden an der einen Tischecke zunächst die Gebirge in der Erdkunde-Karte eintragen, sie zur Nachbar-Arbeitsgruppe schieben, die die Flüsse ergänzt, nebenbei können Filme laufen und Diagramme erstellt werden.

In letzter Konsequenz kann die "eyefactive"-Technologie das Ende von PC-Maus und Computertastatur und dem Bildschirm im herkömmlichen Sinne bedeuten. Denn auch die Eingabe von Texten kann immer besser auf virtuelle Art gesteuert werden. Touchscreen-Terminals, wie sie derzeit beispielsweise in Geldautomaten eingesetzt werden, bilden im Vergleich eine Art steinzeitlichen Vorläufer dazu.

Für die Umsetzung von Bewegungen in virtuelle Aktionen ist es dabei noch nicht einmal erforderlich, dass Kontakt zu dieser Tisch-Bedienoberfläche besteht. Das erhöht die Einsatzmöglichkeiten noch einmal. "eyefactive"-Geschäftsführer Matthias Woggon sagt: "Wir haben im Moment ein kleines Luxusproblem, weil die Möglichkeiten so groß sind, dass wir sehr gut auswählen müssen, wo wir mit dem Programmieren anfangen." Entschieden haben sich die Unternehmensgründer zunächst für Präsentationssysteme für den Einsatz auf Messen oder in Geschäften für interaktive Werbung oder Produktpräsentationen. Außerdem sind jede Menge innenarchitektonische Spielereien denkbar, denn die Technik kann nicht nur horizontal in Tischen oder Böden verbaut werden, sondern auch an Wände gehängt oder in Fußböden integriert werden.

Der Aufwand für die Systeme hält sich dabei in Grenzen - handelsübliche PCs und Komponenten reichen aus, sodass so ein Präsentationstisch in den Abmessungen 4,50 mal 1,50 Meter für eine geringe fünfstellige Summe zu haben ist.