SPD wirft dem Landrat vor, er habe die Defizite gezielt herbeigeführt, um den Preis für Investoren attraktiver zu machen.

Kreis Pinneberg. Ist der Verkauf der Kreiskliniken von langer Hand geplant worden? Wurde etwa der Wert der Regio-Kliniken absichtlich geschwächt, um den Kaufpreis für den Investor zu drücken? - Starker Tobak aus der SPD-Fraktion gegen Landrat Wolfgang Grimme. Der Vorwurf: Er halte einen Bericht des Landesrechnungshofes zurück, der das Leasingmodell (sale-and-lease-back) aus dem Vorjahr, das zu einem Verkauf der Immobilien führte, als zu teuer im Vergleich zu herkömmlichen Krediten einstuft. Weiter: "Es bestätigt sich unser Verdacht, dass durch den Verkauf der Immobilien die Kliniken in ihrem Wert so deutlich geschwächt worden sind, dass sich ein Verkauf für einen privaten Gesundheitsanbieter wie jetzt Sana-Kliniken günstiger darstellt." Grimme dazu: "Das ist Humbug. Das Leasingmodell hat die Privatisierung nicht gefördert und auch den Kaufpreis nicht beeinflusst."

Vor einem Jahr hatte der Kreistag das von Grimme als einzige Lösung präsentierte Finanzierungsmodell abgesegnet. Danach übertrug der Kreis die Immobilien der drei Kreiskliniken einer Leasinggesellschaft, die dafür einen Kredit in Höhe von 102 Millionen Euro erhielt, wofür medizinische Geräte angeschafft werden sollten. Dafür müssen die Kliniken 25 Jahre lang jedes Jahr 8,6 Millionen Euro zurückzahlen. Im Mai 2009 kam plötzlich heraus, dass der Klinikbetrieb 2008 neun Millionen Euro Verlust machte. Dieses Jahr sollen es sieben Millionen Euro Verlust sein. Dies führte im Eilverfahren dazu, dass im Juli dieses Jahres rund 75 Prozent der Regio-Kliniken für 2,5 Millionen Euro an Sana veräußert wurden.

Die SPD hat von Anfang an das Leasing-Modell als "Einstieg in die Privatisierung der Kliniken" abgelehnt. Heute sieht Fraktionschef Hannes Birke eine "einleuchtende Logik": Vor einem Jahr wäre der Verkauf der Kliniken in der Bevölkerung nicht durchzusetzen gewesen, glaubt er. Dies zeigten die 20 000 Unterschriften, die in kurzer Zeit dagegen gesammelt worden sind. Deshalb habe Grimme diesen "Zwischenschritt" mit dem Leasingmodell gewählt, um dann die Privatisierung als einzige Alternative erscheinen zu lassen. Dabei habe es andere Möglichkeiten gegeben, so Birke: Mit einem kommunalen Kredit wäre die Schieflage, in die die Kliniken nun gerieten, womöglich vermieden worden und der Kaufpreis höher ausgefallen. Grimme hatte behauptet, dass dies rechtlich nicht möglich sei. In Bremen gehe das aber, wundert sich Birke. CDU und FDP träfe "die gleiche Schuld", so Birke: "Sie sind dem Landrat blind gefolgt."

Doch auch in CDU-Kreisen mehren sich kritische Stimmen: "Wenn sich herausstellt, dass wir an der Nase herumgeführt wurden, wird das Konsequenzen haben", so ein Mitglied der CDU-Kreistagsfraktion.

Auch für den geschassten Klinik-Geschäftsführer Alexander Schlick wird die Luft dünner: Ein Gutachten empfiehlt der Kreisverwaltung, Strafanzeige wegen Untreue gegen Schlick zu stellen, weil dieser Vergaberichtlinien nicht eingehalten habe. Den Aufsichtsrat und seinen Vorsitzenden Grimme treffe keine Schuld, heißt es in dieser Expertise. Für Birke ist dies ein Gefälligkeitsgutachten, weil diese Beraterfirma bereits den Verkauf an Sana mit eingefädelt habe.