Schon in den 50er-Jahren zog die Region Vogelfreunde an. Mit dem Deichbau veränderte sich der Lebensraum.

Wedel. Hans Duncker (80) gehört zu denen, die wissen, was in der Marsch alles so fliegt. Seit 1986 führt er Gruppen über den Deich und in die Vogelschutzstation. Er zeigt den wissbegierigen Besuchern, wer sich hinter den gefiederten Freunden verbirgt. Dabei hat Duncker von Haus aus keinen Bezug zur Ornithologie. Er ist studierter Kapellmeister. Doch in seiner Wahlheimat Wedel ließ er sich von Wedels Nabu-Gründervater Volquard Hahn begeistern, der über die Volkshochschule fachkundig begleitete Besuche in der Marsch leitete.

Bereits in den 50er-Jahren hatte die Marsch zahlreiche Vogelkundler, darunter den Ornithologen Hermann Kroll, angezogen. Doch erst mit dem Deichbau Ende der 70er-Jahre organisierte sich der Naturschutz. Vehement hatten Ökologen darum gekämpft, einen wertvollen Lebensraum für die Tiere zu schaffen. Damit verhinderten sie den Bau eines gigantischen Freit- und Wasserparks, der an dieser Stelle geplant war.

Anfangs beobachteten die Tierfreunde von einem Wohnwagen aus die Vögel, die sich im Gebiet der alten Kleie-Entnahmestellen für den Deichbau sammelte. Der Naturschutzbund, allen voran die Wedeler Gruppe im Hamburger Nabu, übernahm damals die Betreuung des 17,5 Hektar großen Gebiets. 1984 weihten die Naturschützer eine Beobachtungsstation ein, die den Titel Hermann-Kroll-Haus erhielt. Mehr als 20 Jahre lang leiteten Hans Jacobi und seine Mitstreiter die Einrichtung ehrenamtlich.

2005 konnte ein wichtiger Partner mit ins Boot gezogen werden, der es ermöglichte, das Programm zu professionalisieren: Das Unternehmen Carl Zeiss schloss einen Kooperationsvertrag. Seitdem führt der Landschaftsökologe Marco Sommerfeld die Station. Doch immer noch tragen die Ehrenamtlichen einen Großteil der Arbeit in der mittlerweile modernisierten und um mehrere Beobachtungsstände erweiterten Station.

Insgesamt besuchten die Vogelstation bis heute etwa 140 000 Besucher, allein 38 000 Gäste seit der Neueröffnung 2006. Hamburgs Nabu-Chef Rolf Bonkwald schwärmt: "Insbesondere die persönliche Betreuung in der Station, fachkundige Informationen und der Fernglasverleih machen den Besuch der Station immer wieder zu einem Erlebnis." So nah wie hier, auch dank der super modernen Ferngläser, die sich die Besucher ausleihen dürfen, kommen die Zuschauer den Vögel so nah wie fast nirgendwo.

Diese Chance will Landrat Wolfgang Grimme, so versicherte er beim Jubiläumsempfang in der Vogelstation, demnächst auch einer Gästegruppe im Kreis Pinneberg ermöglichen. Ein Geldgeschenk könne er angesichts der klammen Kreiskasse nicht machen. Deshalb wolle er für überregionale Werbung des "Leuchtturmprojekts" sorgen.

Übrigens: Das Wedeler Kooperationsmodell Naturschutz-Carl-Zeiss-Optik ist zu einer Zukunftsstrategie geworden. Jüngst eröffnete das Unternehmen auf Amrum ein Naturzentrum. Kiebitz, Uferschnepfe, Löffelente, Nonnengans und Co interessiert das Finanzmodell nicht: Sie kommen in die Marsch, weil sie dort wie vor 50 und 25 Jahren und wohl auch in Zukunft ideale Rast- und Brutmöglichkeiten vorfinden.