Der mutmaßliche Schütze Viktor V. ist vor dem Hauseingang von Beamten kontrolliert worden, konnte aber mit dem Fahrrad davon fahren.

Elmshorn. Großeinsatz der Polizei gestern Nachmittag in der Heinrich-Hauschildt-Straße im Elmshorner Stadtteil Hainholz. Ein 27 Jahre alter Deutschrusse soll mit einem Luftgewehr vom Balkon aus im ersten Stock des Mehrfamilienhauses mit der Hausnummer 10 auf einen Baum geschossen haben. Die Nachbarin darunter im Erdgeschoss sah dies und alarmierte sofort die Polizei. Das war genau um 13.19 Uhr.

Die Polizei sperrte das Gebiet weiträumig ab und ließ die Wohnung schließlich gegen 16.10 Uhr vom Spezial-Einsatz-Kommando (SEK) Kiel stürmen. Dort trafen die schwer bewaffneten Männer aber niemanden mehr an. Der Schütze, Viktor V., war bereits zwei Stunden zuvor mit seiner Freundin aus dem Haus heraus gekommen und mit dem Fahrrad davon gefahren. Beamte des Zivilen Streifenkommandos Pinneberg, die als erste am Tatort waren, nahmen nur seine Personalien auf und ließen ihn laufen.

In der verlassenen Wohnung, die das SEK aufbrechen musste, fand die Polizei das Luftgewehr, aus dem vermutlich geschossen wurde. Damit in der Öffentlichkeit zu schießen, sei aber nur eine Ordnungswidrigkeit, sagte Polizeisprecherin Sandra Rüder. "Natürlich darf er damit nicht wild herumballern", sagte sie.

Von dem Schützen selbst fehlte bis gestern Abend weiter jede Spur. Weil es nur eine Ordnungswidrigkeit sei, die ihm nun zur Last gelegt wird, werde auch nicht mit Nachdruck nach ihm gefahndet, sagte die Polizeisprecherin.

Das sah in den Stunden zuvor ganz anders aus. Rund 60 Polizeibeamte waren im Einsatz und sperrten alle Zugänge zur Straße ab. Kein Anwohner durfte zurück in sein Haus. Sabrina Bargmann, die mit ihrem Sohn Timo (2) im Kinderwagen spazieren war, versuchte von mehreren Seiten heranzukommen. "Ich suche vor allem meine Urgroßmutter Irmgard, die nicht mehr so gut laufen kann und schon ganz panisch ist." Später konnte sie die Uroma beruhigen.

Auch Rentner Uwe Rudolph konnte nicht nach Hause, der auf einer Etage mit der russischen Familie lebt. "Das sind ganz nette Leute", wusste er. Vor kurzem seien Viktor und seine Eltern vom Urlaub aus Sibirien zurückgekommen, hätte ihm der Vater berichtet. Zweieinhalb Stunden musste der 71 Jahre alte Mann warten, bis er endlich wieder in seine Wohnung konnte. "Zum Glück war ich gerade einkaufen", sagte der Rentner. "So habe ich jedenfalls genug zu trinken und zu essen dabei", schmunzelte er zufrieden.

Mit diesem Humor war er nicht allein. Viele Anwohner nutzten die Zeit, die sie nicht nach Hause durften, zum Klönschnack. Manche hatten sich Gartenstühle und Decken besorgt, saßen zusammen und harrten der Dinge, die da kommen mögen. Andere schauten aus dem Fenster und beobachteten die brisante Entwicklung vor dem Haus mit der Nummer 10. Spannend wurde es, als gegen 16 Uhr die sechs dunklen Fahrzeuge des SEK vorfuhren, aus denen kräftige Beamten heraus sprangen, die sich dann mit allerhand Schutzwesten präparierten und schwer bewaffnet und mit Sturmhauben maskiert geschlossen zum Einsatz liefen.

Zum Zeitpunkt, als das SEK eintraf, war der Polizei bereits klar, dass sie den Schützen darin wohl nicht mehr antreffen würde. "Wir glauben, dass sich nur noch die Frau in der Wohnung befindet", sagte Polizeisprecherin Rüder und meinte wohl die Mutter des Schützen. So erfolgte der SEK-Einsatz wohl letztendlich, um sich zu vergewissern, dass diese Vermutung richtig ist.