Täglich besuchen bis zu 2000 Gäste das Eiland mitten in der Nordsee. Fast jeder Dritte fährt mit dem Katamaran Halunder Jet.

Wedel/Helgoland. Sehr pünktlich und sehr leise nähert sich der moderne Katamaran im ruhigen Elbwasser dem Wedeler Anleger "Willkomm Höft". Auf dem Deck winken die Fahrgäste, die bereits in Hamburg an Bord gegangen sind. In Wedel wird die Schnellfähre weitere Helgolandreisende an Bord begrüßen, ehe sie sich - zumindest auf offener See - mit fast 70 km/h (36,5 Knoten) auf den Weg zum roten Felsen macht.

Helgoland, Deutschlands einzige Hochseeinsel und Teil des Kreises Pinneberg, ist im Hochsommer ein beliebtes Reiseziel. Auf die kleine Insel mit ihren etwa 1300 Einwohnern fahren während der Hauptsaison jeden Tag bis zu 2000 vor allem Tagesgäste, aber auch Urlauber, die dort länger verweilen, und Kurgäste des anerkannten Heilbads Helgoland. Auch heute bringt allein der Katamaran "Halunder Jet" wieder 580 Reisende auf seinen zwei Decks nach Helgoland.

Die Fahrgäste besuchen die Insel aus unterschiedlichen Gründen. Harald Klähn aus Schenefeld etwa macht dort gar keinen Urlaub, er hat einen Auftrag: Er ist der Rentenversicherungsberater für den Kreis Pinneberg. Vier Mal im Jahr reist er in dieser Funktion nach Helgoland, um seinen ehrenamtlichen Job auch dort auszuüben. Drei Tage wird er die Inselbewohner und Angestellten beraten, ihnen bei Anträgen für die Rentenversicherung helfen und Fragen klären.

"Besondere Problematiken auf der Insel sind Saisonarbeitskräfte, die in der Urlaubszeit Überstunden machen, den Rest des Jahres aber keiner Beschäftigung nachgehen", berichtet er. Manchmal nehmen sogar Urlauber sein kostenloses Beratungsangebot auf Helgoland wahr. "Gerade bei schlechterem Wetter kommen auch Touristen spontan zu mir und informieren sich."

Harald Klähn ist immer wieder von der Lebenseinstellung der Helgoländer beeindruckt. "Ich finde es erstaunlich, dass die Inselbewohner trotz der vielen Entbehrungen, die ein Inselleben mit sich bringt, nie meckern. Man muss bedenken: Hier muss wirklich alles für den Alltag auf die Insel gebracht und auch wieder weggeschafft werden. Bei Sturm gibt es zum Beispiel keine Tageszeitung", sagt er. "Viele Selbstverständlichkeiten für uns sind dort nicht gegeben. Ich finde, davon können wir etwas lernen."

Jutta Klähn ist auch immer mit dabei, wenn ihr Mann nach Helgoland fährt - sie allerdings macht dort Urlaub.

So auch das Ehepaar Qualmann aus Rendsburg: Wilhelm und Monika wollen ihrem Enkel Benjamin Krysig (14) die Insel zeigen, auf der die beiden Rentner schon mehrfach waren. "Wir sind sonst immer ab Büsum gefahren, aber heute sind wir extra nach Wedel gekommen, um mit der schnellen Fähre anzureisen", sagt Monika Qualmann. "Auch wenn das Ausbooten eigentlich herrlich ist."

Beim sogenannten Ausbooten müssen die Fahrgäste kurz vor Helgoland auf kleine, 40-Mann-Boote umsteigen, da die größeren Schiffe dort nicht direkt anlegen können. Das fällt beim Halunder Jet weg, vom ihm aus können die Gäste im Südhafen der Insel direkt auf den Kai aussteigen.

Ein paar Stunden später geht es für die meisten Fahrgäste zurück: Dem Ehepaar Qualmann und Enkel Benjamin hat die Insel sehr gefallen. "Es war sehr schön. Wir sind den Wanderweg auf dem Oberland entlang gegangen, haben den Vogelfelsen und die natürlich die "Lange Anna" gesehen", berichtet Wilhelm. Die "Lange Anna" ist ein fast 50 Meter hoher, allein stehender Felsen an der Nordspitze Helgolands und gilt als sein Wahrzeichen. "Das war sehr beeindruckend. Seit unserem letzten Besuch vor zehn Jahren hat sich viel verändert, zum Besseren. Der Wanderweg etwa ist jetzt befestigt und besteht nicht mehr nur aus Kies."

Der Wanderweg, auf dem man mindestens eine gute Stunde auf dem Oberland Helgolands unterwegs ist, gehört fast zum Pflichtprogramm für die Tagesurlauber. Auch Werner Heinzel aus Österreich hat ihn beschritten. Werner ist der Leiter einer kleinen Reisegruppe aus Graz, die im Rahmen ihres Norddeutschlandurlaubs Helgoland besucht hat. "Ich bin Lehrer von Beruf. Die Leitung der Reisegruppe ist eine Art Ferienjob für mich", sagt er. Der gelernte Historiker hat sich ausgiebig mit der Geschichte Helgolands befasst und seinen Mitreisenden während des Aufenthalts Einiges davon erzählen können.

"Als Historiker haben mir vor allem die vielen kleinen Hinweissteine auf der Insel gefallen. Auf ihnen erfährt man von historischen Ereignissen aus der Inselgeschichte, zum Beispiel, dass Hoffmann von Fallersleben hier das Lied der Deutschen geschrieben hat oder von den verheerenden Bombardierungen durch die Briten am Ende des Zweiten Weltkriegs." Besonders die Bombenkrater mit den Denkmälern haben Werner Heinzel zum Nachdenken gebracht. "Meine Erkenntnis daraus ist: Zum Glück gibt es heute die EU, und so etwas passiert nicht mehr."

Insgesamt war seine Reisegruppe sehr beeindruckt von der Insel. "Wenn wir wieder eine Reisegruppe zusammen bekommen, werde ich den Helgolandausflug auf jeden Fall wiederholen", ist sich Norddeutschlandfan Heinzel, den sogar seine Hochzeitsreise nach Hamburg führte, sicher.

Jutta und Harald Klähn sind auch nicht zum letzten Mal zum roten Felsen gefahren - bereits im Herbst geht es erneut nach Helgoland. Da die beiden immer ein paar Tage bleiben, kennen sie die Insel auch ohne die vielen Tagesgäste. "Nach 16 Uhr ist es hier eigentlich am besten, wenn die Schiffe mit den Ausflüglern weg sind", sagt Jutta. "Dann spreche ich viel mit den Einwohnern", sagt sie. "Die Helgoländer sind nette Leute, vielleicht ein wenig wortkarg."

Sie genießt die Stille auf der Insel am späten Nachmittag, denn sie weiß: Schon morgen werden wieder die Massen über die Kurpromenade flanieren.