Vorbestrafter Sohil T. fuhr volltrunken den mit fünf Personen besetzten Seat frontal gegen einen Baum.

Uetersen/Elmshorn. Seinen Freunden mochte Sohil T. nicht mehr in die Augen sehen. Wie ein Häuflein Elend, den Blick permanent zu Boden gesenkt, kauerte der 25-Jährige auf der Anklagebank des Amtsgerichts Elmshorn, während seine einstigen Weggefährten aussagten. Über den Abend des 5. Juli vorigen Jahres, als sich fünf junge Leute unangeschnallt in einen Seat Arosa quetschten. Am Steuer: der volltrunkene Sohil T., der mit Vollgas durch Uetersen raste. Der Seat endete an einem Baum. Die Bilanz: einer der Freunde tot, für zwei weitere bestand Lebensgefahr, die anderen beiden wurden schwer verletzt.

Was an diesem Abend passierte - Sohil T., angeklagt wegen fahrlässiger Tötung, weiß es nicht mehr. "Einen Monat lag ich im Koma", berichtet er mit leiser Stimme. Erst viel später will er erfahren haben, dass er den Unfallwagen fuhr - und dass Marcel S. (22 *) bei dem Crash sein Leben ließ.

Der Überbringer der schlechten Nachricht: Dennis S. (19), selbst hinten mit im Fahrzeug, selbst schwer verletzt. "Ich habe bei Sohil übernachtet. Wir sind gegen 12 Uhr aufgestanden und haben zu trinken angefangen", berichtet er von dem schicksalhaften Tag. Es gab Wodka - und zwar flaschenweise. "Das waren Hardcore-Zeiten, jeden Tag Party, uns war alles egal." Am Abend wechselten sie in die Wohnung von Marcel S. - und tranken in Gesellschaft weiter. Dennis S.: "Ich war bis zur Oberkante Unterlippe voll. Sohil konnte nicht mehr stehen, er ist fast vornüber auf die Fresse gefallen." Romy K., die ebenfalls auf der Rückbank saß, war das nicht aufgefallen. "Meiner Meinung nach waren die nüchtern, aber sehr aggressiv."

Der Angeklagte ("Er ist gefahren, einemillionprozentig!") habe nach Heist gewollt, um dort einen Bekannten zusammenzuschlagen. "Ich bin aus Dummheit mitgefahren", so die 17-Jährige. Sohil T. habe sofort stark beschleunigt und eine rote Ampel überfahren. "Ich habe geschrien, dass ich aussteigen will, aber er hat nicht angehalten."

Nach einem riskanten Überholmanöver prallte der Seat im Bereich An der Klosterkoppel beim Wiedereinscheren gegen den Kantstein, wurde unkontrollierbar und rammte dann frontal einen Baum. Mindestens 86 Stundenkilometer schnell, so ergab ein Gutachten, muss das lediglich für vier Personen zugelassene Fahrzeug gefahren sein.

Der Wagen gehörte Thorsten K., der als Dritter hinten saß und dem betrunkenen Freund die Schlüssel überlassen hatte. "Ich erinnere mich an gar nichts mehr", gab der 21-Jährige an, der auf eine Krücke gestützt in den Gerichtssaal humpelte.

Zum Unfallzeitpunkt lebte Sohil T., wie derzeit auch, von Sozialhilfe. Seinen letzten Job als Kurierfahrer hatte er 2007 verloren, weil er sich in Appen betrunken mit dem Wagen überschlug und im Graben landete. "Hier ist nicht einer, sondern es sind mehrere schwerwiegende Fehler zusammengekommen", so Staatsanwalt Jürgen Ziegler. Der Grad der Fahrlässigkeit, den sich der Angeklagte geleistet habe, sei extrem hoch. "Mein Mandant erkennt, dass nur er als Fahrer in Frage kommt", so Verteidiger Henry Brendel.

Das Urteil: 18 Monate auf Bewährung. Außerdem muss Sohil T. 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, er ist zur Kontaktaufnahme mit einer Suchtberatungsstelle verpflichtet und darf sich frühestens in drei Jahren einer Führerscheinprüfung stellen.

"Wenn sie noch einmal ohne Führerschein oder unter Alkoholeinfluss am Steuer erwischt werden, müssen sie die Strafe absitzen", redete Richter Jörg Diestelmeier dem Angeklagten ins Gewissen. Der wandte sich zum Prozessende an die ehemaligen Freunde, die im Gerichtssaal Platz genommen hatten - er entschuldigte sich.