IG Flugschneise Nord fordert gerechtere Verteilung der Flüge. Voraussetzung: Politiker und betroffene Kommunen unterstützen Gang vors Gericht. Quickborn zögert noch.

Quickborn/Norderstedt. Wird es bald leiser über den Dächern von Quickborn, Hasloh, Henstedt-Ulzburg, Ellerau und Norderstedt? Die Interessengemeinschaft (IG) Flugschneise Nord will vor Gericht eine Reduzierung des Fluglärms für die schleswig-holsteinischen Städte und Gemeinden erstreiten. "Die Klageschrift ist fertig, jetzt warten wir auf die Unterstützung von Politikern und den betroffenen Kommunen", sagt der Quickborner Eberhard von Lany, Vorsitzender der Fluglärmgegner.

Die Klage stützt sich auf ein Gutachten des Pinneberger Rechtsanwalts Dr. Wilhelm Mecklenburg. Der Verwaltungsrechtler hält die Bahnbenutzungsregelung für ungültig. Diese Regelung sieht vor, dass knapp die Hälfte aller Starts und Landungen über die Quickborn-Norderstedter Bahn erfolgen sollen, nachts sogar 60 Prozent. Gut ein Viertel der mehr als 170 000 Flüge im Jahr wurden im Vorjahr über Niendorf, 28,1 Prozent über Langenhorn abgewickelt. Mit 1,8 Prozent sind die Menschen im Raum Alsterdorf mit Abstand am wenigsten belastet. "Das ist skandalös, man kann faktisch von einer Nicht-Nutzung dieser Flugschneise sprechen. Anders gesagt: Unsere Region hatte im vergangenen Jahr 24-mal so viele Starts und Landungen zu verkraften", sagt von Lany, der als Einzelkläger auftreten würde, da die IG nicht klagen könne.

Anwalt Mecklenburg hatte herausgefunden, dass es eine rechtlich wirksame Bahnbenutzungsregelung nicht mehr gibt. Es sei der Luftfahrtbehörde nicht möglich gewesen, die Urkunde, die Bestandteil der Betriebsgenehmigung für den Flughafen im August 1967 sei, beizubringen. 1969 sei erstmals eine Bahnbenutzungsregelung aufgetaucht, sie sei dann rund 20-mal verändert und 2004 aufgehoben worden. Die weiteren Regelungen seien nie, wie vorgeschrieben, in den "Nachrichten für Luftfahrer", sondern nur im Luftfahrthandbuch veröffentlicht worden. Seit 1985 seien die Betriebsgenehmigungen für den Flughafen nicht mehr vollständig. Der Flughafen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. "Wir gehen davon aus, dass alles rechtens ist", sagte Airport-Sprecherin Stefanie Harder.

Die IG Flugschneise Nord benötigt finanzielle Hilfe für das Verfahren, das sie nicht gegen den Flughafen, sondern gegen die Stadt Hamburg beziehungsweise die Wirtschafts- und Luftfahrtbehörde als Flughafen-Verantwortliche führen würde. Die Klägerin rechnet mit Verfahrenskosten von rund 10 000 Euro. Von einem Erfolf würden mehrere Kommunen profitieren, daher müssten sie sich an den Kosten beteiligen. Ellerau und Hasloh sollen je 1000 Euro zahlen, Henstedt-Ulzburg und Quickborn je 1500 und Norderstedt 2000 Euro.

Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote: "Wir werden eine Klage in jedem Fall unterstützen." Haslohs Bürgermeister Bernhard Brummund (SPD) will die Klage ebenfalls mittragen, findet aber, dass 500 Euro Kostenbeteiligung für die kleinen Kommunen reichen. Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl hingegen zögert noch. Vor einer Zusage Quickborns sollen Juristen prüfen, ob die Rechtsfolgen eines verlorenen Prozesses nicht wesentlich schlimmer als der Status Quo sein könnten. Köppl: "Verlieren wird den Prozess, ist die politische Debatte tot."

Die Bundestagsabgeordneten Ole Schröder (CDU) und Ernst Dieter Rossmann (SPD) stehen laut Lany hinter der IG-Flugschneise. Schröder hat erreicht, dass die sogenannten Norderstedter Gespräche wieder aufgenommen werden. Am 19. August werden sich Vertreter Schleswig-Holsteins und Hamburgs, Bürgermeister und Vertreter des Flughafens in Kiel darüber unterhalten, ob und wie der Fluglärm gerechter verteilt werden kann.

Noch nicht offiziell geäußert haben sich die Landräte von Pinneberg und Segeberg sowie die Landtagsabgeordneten Peter Lehnert (CDU) und Bernd Schröder (SPD). "Ohne breite Unterstützung werden wir auf die Klage verzichten", sagt von Lany.