Mit der neuen Maschine will die Insel dem Ziel einer günstigeren, zuverlässigen und saubereren Stromversorgung näher kommen.

Helgoland. Langsam, aber sicher, bahnt sich der riesige Lkw samt Anhänger seinen Weg über die Kurpromenade. Wo jetzt mitten in der Hochsaison die Touristenmassen flanieren, rollt nun ein für die Insel überdimensional wirkender Tross. Das kleine elektrobetriebene Polizeibegleitfahrzeug wirkt dagegen wie ein Miniaturauto. Geladen hat der Schwertransporter rund 20 sehr bedeutende Tonnen für die Insel Helgoland: Er bringt den neuen Transformator in das Kraftwerk der Insel.

Mithilfe dieser elektrischen Maschine will Helgoland seinem Ziel einer günstigeren, zuverlässigen und saubereren Stromversorgung einen Schritt näher kommen. Bisher wird der Strom auf der Insel durch zwei Dieselmotoren produziert - das ist teuer, nicht klimafreundlich und aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Motoren von 20 Jahren auch anfällig. Stromausfälle kommen vor, wenn zum Beispiel die Kühlleistung bei zu großer Hitze für die Dieselmotoren nicht mehr ausreicht.

Im Juni wurde bereits ein 50 Kilometer langes Seekabel vom Festland zur Insel verlegt - bereits das war ein enormer logistischer Aufwand. Aufgabe des neuen Transformators wird es ab Oktober sein, die 30.000 Volt Leistung, die über das Seekabel in Helgoland ankommen, in 6000 Volt für die Inselverteilung umzuwandeln.

"Das ist ein wichtiger Schritt für Helgoland, wir haben das von Anfang an unterstützt. Das Projekt wurde über alle Parteigrenzen hinweg positiv aufgenommen", erklärt der Bürgervorsteher der Gemeinde, Claus Wickidal. "Wenn der Strom durch das Kabel fließt, haben wir eine deutlich preisgünstigere und stabilere Stromversorgung." Da Helgoland von der Mehrwertsteuer befreit ist, wird es dann den günstigsten Stromtarif Deutschlands haben. Weiterer Vorteil: "Auch die Stromkapazität wird sich deutlich erhöhen, so dass wir mehr Spielraum haben. Für Planungen auf den noch freien Flächen Helgolands ist das unerlässlich."

Die Anlieferung des Transformators war ein besonders spektakulärer Abschnitt dieses Projekts, das insgesamt 20 Millionen Euro kostet: Mit einem Landungsschiff wurde der Schwertransporter samt Transformator an der Westseite auf die Insel gebracht. Von dort muss der Lkw einmal quer über die Insel fahren, auf der sonst nur ganz wenige, elektrobetriebene Fahrzeuge unterwegs sind. Für die Helgoländer und Touristen ist diese logistische Großleistung zweifellos ein Ereignis.

Doch damit ist der Transformator noch nicht am Ziel: Vor dem Kraftwerk wird es enorm eng. Der Trafo ist zwar genau zugeschnitten auf den Platz, den er dort hat - mehr aber auch nicht: "Das ist wirklich Zentimeterarbeit, enger geht es nicht", sagt Jens Michelsen, Projektleiter von E.on Hanse. Auch für ihn, der schon viele Transformatoren angeliefert hat, ist dieses Unterfangen ungewöhnlich. "Am Tor, in das der Trafo letztlich rein muss, sind links und rechts keine drei Zentimeter Platz."

Um den Trafo in das Kraftwerk zu hieven, werden dem 20-Tonnen-Koloss Räder angeschraubt, nachdem er von einem Kran abgeladen wurde. Anschließend muss der Schwertransporter noch einmal ran: Er schiebt den Transformator in ganz kleinen Schritten weiter Richtung Tor. Alle paar Meter müssen dabei Metallplatten untergelegt werden und die Räder in neue Positionen verstellt werden.

Doch auch wenn der Transformator im Kraftwerk angekommen ist, sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. "Wenn alles angeschlossen ist, wird es im September erst einmal Testläufe geben müssen", sagt Volker Mielisch von E.on Hanse. Erst im Oktober wird der Strom vom Festland auf die Insel voraussichtlich fließen. Die Dieselmotoren haben dann auch noch nicht endgültig ausgedient, sondern bleiben als Notreserve bestehen, wenn es etwa Probleme mit dem Seekabel geben sollte.

Auch dann ist nicht Schluss mit dem Umbau der Energievorsorgung. "Die Stromanbindung vom Festland ist ein guter Schritt, aber nur ein Schritt", so Bürgervorsteher Wickidal. Als nächstes Projekt sollen auch noch die zwei dieselbetriebenen Heizkessel, die Helgoland mit Fernwärme versorgen, durch Windräder ersetzt werden. "Wenn auch dieses Vorhaben realisiert ist, werden wir die Insel nahezu ohne jeglichen Co2-Ausstoß mit Energie versorgen."