Der neue Status sichert den Standort für Jahrzehnte und ermöglicht die Anschaffung von Geräten, die noch präziser arbeiten.

Helgoland. Ihre Daten und die Messwerte von meteorologischen Größen wie Luftdruck, Luft- und Bodentemperaturen, Niederschlagshöhe und Sonnenscheindauer werden alle 30 Minuten an die Zentrale des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach übermittelt. Jesko Kruda schaut in den Himmel: "Altocumulus stratiformis castellanus". So beschreibt der 36-jährige Wetterdiensttechniker den aktuellen Himmel über Helgoland präzise: Über der Insel hängt in 2100 Metern Höhe eine faserig-diffuse, teils zusammenhängende mittelhohe Wolkenschicht, aus der Türmchen wie Zinnen herauswachsen. Exakt alle 30 Minuten ermittelt Kruda die Wolkenbeschaffenheit mit bloßem Auge, die Höhe misst er per Lasergerät. Diese Daten und die Messwerte von meteorologischen Größen wie Luftdruck, Luft- und Bodentemperaturen, Niederschlagshöhe und Sonnenscheindauer übermittelt der Wetterbeobachter während seiner Frühschicht alle 30 Minuten an die Zentrale des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach - bis er vom Spätschichtkollegen Uwe Menke abgelöst wird. Das werden die Mitarbeiter und ihre Nachfolger in der Wetterwarte Helgoland auch in den kommenden hundert Jahren tun. Denn: Die Station auf der Hochseeinsel ist ab sofort eine von zwölf DWD-Klimareferenzstationen in Deutschland.

"Der rote Felsen repräsentiert mit seinem einzigartigen Standort künftig das Hochseeklima in der Deutschen Bucht", so DWD-Präsident Wolfgang Kusch bei der Einweihung der Referenzstation. Außerdem erfülle die Wetterwarte Helgoland mit ihrer langen Zeitreihe ein entscheidendes Kriterium für den Status einer Klimareferenzstation. Das neue Prädikat ist mehr als eine Ehre für die Mitarbeiter der Station: Es sichert das Bestehen der 1873 eingerichteten Warte. Die Wetterbeobachter der Hochseeinsel tragen in Zukunft auch dazu bei, den Klimawandel noch präziser und sicherer zu beobachten.

Die Neuerung: Die Wetterwarte Helgoland ist als Klimareferenzstation mit neuesten elektronischen Messgeräten ausgestattet worden. Die stehen neben den herkömmlichen, manuellen Messgeräten im sogenannten Klimagarten, einem etwa 600 Quadratmeter großen Messfeld, aus dem Messwerte geliefert werden, die weltweit vergleichbar sind. Quecksilberthermometer messen dort in der "Englischen Hütte", einem Holzkasten zwei Meter über dem Grund, die Temperatur. Gleich nebenan ragt jetzt das moderne Pendant in die Luft, das elektronisch misst, wie kalt oder warm es auf Helgoland ist.

Über mindestens zehn Jahre hinweg sollen nun auf dem Eiland wie an den elf anderen Klimareferenzstationen alle Wetterdaten mit den manuellen Messgeräten und gleichzeitig mit modernster Technik aufgezeichnet werden. "Erst der Parallelbetrieb von älteren und neuesten Geräten macht die Messwerte vergleichbar", so DWD-Sprecher Günter Delfs. "Nur so können wir sicherstellen, dass es durch den Ausfall eines Gerätes oder die Umstellung eines Messverfahrens nicht zu Fehlern in der Klimaaufzeichnung kommt."

Für das Helgoländer Wetterwarten-Team hat der Status Referenzstation noch einen Vorteil: "Das sind sechs sichere Arbeitsplätze, die für Generationen das Einkommen von Helgoländern Familien sichern", sagt Bürgervorsteher Claus Wickidal.

Und während die Festredner Einweihung feiern, dreht Uwe Menke im Spätdienst alle 30 Minuten seine Runden, beobachtet den Himmel, liest Messewerte ab und sendet die Daten nach Offenbach. In ein paar Stunden wird er vom Nachtschichtkollegen Peter Kordsmeyer abgelöst. Auch dann wird weiter im Halbstundentakt gemessen und beobachtet - 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag. Und wenn der Wetterbericht mal wieder Sturm über der Nordsee ansagt, beruht diese Vorhersage auf den Daten, die Kordsmeyer und Co. rund um die Uhr beobachten und messen.