Man muss schon Jahre zurückblicken, um einen Tag zu entdecken, an dem in Wedel mehr als 100 Sozialdemokraten “auf einem Haufen“ zu finden waren. Nun war es wieder einmal so weit.

Wedel. Der Anlass: Ralf Stegner, SPD-Fraktions- und Parteichef von Schleswig-Holstein, besuchte die "Batavia" just an dem Tag, an dem der Landtag dem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) misstraute. Das Publikum kam vielleicht wegen des prickelnden Gefühls zu dem Schluss: "Ein historischer Tag - ich war damals dabei!"

Dabei waren deshalb auch TV- und Hörfunk-Teams sowie Vertreter jener überregionalen Printmedien, die sich ansonsten eher selten in Wedeler blicken lassen. Und Stegner enttäuschte sie nicht - mal bissig, mal süffisant, mal einfach nur mit eigener Sicht der Fakten beschrieb er während dieser Wahlkampfveranstaltung für MdL Thomas Hölck und MdB Ernst Dieter Rossmann die Lage im Lande.

"Bei der Vertrauensfrage hat Carstensen sich enthalten und damit noch nicht einmal sich selbst das Vertrauen ausgesprochen - wer soll ihn zum Ministerpräsidenten wählen, wenn er noch nicht mal selbst von sich überzeugt ist?" frotzelte Stegner, und: "Da wird die Taktiererei um einen passenden Wahltermin grotesk." Die Bürger merken: "So etwas macht man nicht". Und was man noch nicht macht: "Einem Unternehmen ein Atomkraftwerk anzuvertrauen, das sich so verhält, als könnte es noch nicht einmal eine Pommesbude führen." Und: "Einem Bank-Manager drei Millionen geben, wenn der Staat und die Bürger zahlen müssen, damit die Bank gerettet wird." Und: "Von heute auf morgen Minister entlassen und dabei noch nicht einmal das Kreuz haben, es ihnen persönlich zu sagen."

Der Bundestagsabgeordnete Rossmann, von Beruf Psychologe, analysierte Landwirtschaftslehrer Carstensen: "Das ist Gutsherrenart. So lange es gut läuft ist er freundlich zum Knecht - wenn es schlecht wird, zeigt er dem Knecht, dass er Knecht ist." Stegner: "Die benehmen sich, als gehöre ihnen das Land - aber wir können nicht immer alles machen, was andere von uns verlangen."

Passagen wie diese entlockten dem Publikum kräftigen Beifall - mögen die Wahlumfragewerte auch lausig sein, die Genossen-Basis schreitet offenbar Seit' an Seit' mit Stegner.

Da spielt für Stegner auch keine Rolle, dass er kritisiert werde, weil er nicht freundlich genug gucke. "Wenn ich Schlagzeilen lese wie "Hat Stegner gelogen?" und das stimmt nicht - dann kann ich wirklich nicht mehr darüber lachen. Aber nun ist ja heraus, dass es der Ministerpräsident war, der im Parlament die Unwahrheit gesagt hat", so Stegner und dabei huscht tatsächlich ein Lächeln über sein Gesicht.