Wenn keine Gefahrstelle verdeckt wird, sollten Pflanzen als Brutstätte und Nahrung mindestens bis Mitte Juli wachsen.

Kreis Pinneberg. Ein regelrechter Kampf gegen das Grün im Stadtbild ist nach Beobachtung von Hans Helmut Dürnberg vom Elmshorner Naturschutzbund (Nabu) ausgebrochen. "Man hat immer häufiger den Eindruck, als wenn vor unserer Haustür seit Wochen ein gnadenloser Vernichtungsfeldzug gegen alles Blühende an Straßen, Wegen und Plätzen tobt", sagt der Naturschützer.

Das Szenario sei nach Dürnbergs Erfahrungen geradezu erschreckend: "Heute noch in voller Blüte - morgen schon verwelkt am Wegesrand. Ob in der Stadt, ob im freien Feld - kaum noch ein Saum, kaum noch ein Wegesrand, der nicht einem scharfschneidigen Mähgerät zum Opfer fällt."

Nach Dürnbergs Ansicht lasse eine übertriebene Ordnungswut jede Art von Wegrandvegetation offenbar zum persönlichen Feind des Stadtgärtners, Gemeindearbeiters, Straßenbauverwalters oder Landwirts werden. "Gehandelt wird nach dem Motto: Wenn schon im Maisfeld nichts mehr blüht, auf Grasäckern und Getreidefeldern nichts anderes mehr wachsen darf und auch der Hausrasen auf Golfplatzniveau getrimmt wird, dann hat gefälligst an Weg- und Knickrändern ebenfalls Ordnung zu herrschen, und dann stört eben alles, was höher wächst und blüht."

Der Nabu sieht diesen Trend mit großer Sorge. Schließlich stellten Wegränder, an denen noch Rotklee, Schafgarbe, Vogelwicke oder Mädesüß blühen dürfen, häufig letzte Rückzugsräume für unsere Bienen, Hummeln, Schmetterlinge oder Käfer dar. Denn sie ernähren sich vom Blütennektar und füttern ihre Brut damit. Ihre Raupen müssen die Blätter von Klee, Sauerampfer oder Margerite essen, um zu prächtigen Faltern heranwachsen zu können.

Viele heimische Singvögel ernähren sich wiederum von Blattläusen oder Raupen, die oftmals eben nur noch in der Wegrandvegetation zu finden sind. Werden diese zu früh abgemäht, fallen ganze Nahrungsketten aus. "Millionen von Insekten werden vernichtet und viele Vogelbruten werden Opfer dieser vielfach unnötigen und übertriebenen Ordnungsmaßnahmen", sagt Dürnberg

Leider - so der Nabu - seien diese elementaren ökologischen Zusammenhänge, wie sie heute jeder Grundschüler eigentlich lernt - vielen Verantwortlichen verloren gegangen. Für den Naturschützer steht außer Frage: Sollte wirklich Gefahr für Leib und Leben von Verkehrsteilnehmern bestehen, müsse natürlich eingegriffen werden. "Die Frage ist allerdings, ob nun gleich immer mit der bekannt deutschen Gründlichkeit weit über das Ziel hinausgeschossen werden muss."

Grundsätzlich stellt der Nabu eine Mindestpflege an verkehrsreichen Straßen nicht in Frage, wobei aber meist ein Streifen von einem halben Meter ausreichen sollte, anstatt ganze Banketten in der Brutzeit kahl zu rasieren. Entscheidend sei grundsätzlich der Zeitpunkt des Mäheinsatzes: "Bei einem Termin etwa Mitte Juli, besser noch später, werden Vogelgelege geschont, Junghasen überleben eher, viele Insekten haben ihre Brut durch und die meisten Blütenpflanzen konnten Samen bilden."

Ebenso wichtig sei es, auch das Mähgut von der Fläche zu entfernen. Bleibt dieses liegen - wie meistens praktiziert - stelle es häufig eine Gefahr für Passanten oder Fahrzeuge dar, die darauf ausrutschen könnten. Ebenso negativ wirke sich der Düngeeffekt aus. "Er entsteht dadurch, dass das verrottende Mähgut die Wegränder im Laufe der Zeit zusätzlich mit Nährstoffen überfrachtet und dann nur noch wenige Pflanzenarten wie Brennnessel, Wiesenkerbel oder Großer Ampfer sich übermäßig ausbreiten können", erklärt Dürnberg.

Der Nabu appelliert daher eindringlich an die Verantwortlichen in Städten, Gemeinden und Straßenbauverwaltungen, sich einer naturschonenden Pflege der Wegränder zuzuwenden, denn eine solche helfe nicht nur Leben zu erhalten, sondern auch Geld und CO2 einzusparen.