Anträge stellen, Formulare ausfüllen, Widersprüche schreiben - der Wedeler übernimmt diese Aufgaben für seinen Schützling.

Kreis Pinneberg. Bernhard Junski war in seiner Jugend "een staatschen Kerl", dem so leicht niemand etwas vormachen konnte. Als Matrose fuhr er auf Frachtschiffen rund um die Welt. Und mit seinen 88 Jahren ist er im Kopf topfit, kann noch die tollsten Geschichten erzählen von Soja-Transporten nach Yokohama und Erzlieferungen aus Kanada. Nur diese Sache mit der verflixten Bürokratie, mit Anträgen, Formularen, Widersprüchen und manchem "Gewieher des Amtschimmels", die mag er nicht. Diese Jobs überlässt Bernhard Junski seinem Betreuer - genau wie derzeit mehr als 3300 Personen im Kreis Pinneberg. Menschen wie der alte Seemann, die Unterstützung benötigen, werden immer mehr.

Helmut Plüschau aus Wedel ist einer von ihnen. Der ehemalige Unternehmer ist zwar schon im Ruhestand, engagiert sich aber nun für die Personen, die nicht mehr allein zurecht kommen. "Immer nur Golf spielen, das ist auch nix." Er schmunzelt und fügt mit ernstem Gesicht hinzu: "Ich habe so viel Glück gehabt im Leben, mir haben so viele Menschen geholfen - jetzt möchte ich ein bisschen was zurückgeben."

Der Papierkram von Bernhard Junski ist für Plüschau ein Klacks, denn er war mal Landtagsabgeordneter und weiß genau, wie mit Verwaltungsfragen umgegangen werden muss. "Ich bin beruhigt, dass er das macht", sagt Junski.

Vor zehn Jahren starb seine Frau Else, seit 2003 lebt Bernhard Junski in einem Schenefelder Seniorensitz. So üppig war der Lohn für einen Matrosen nicht. Und als nach einem Arbeitsunfall ein Unterschenkel amputiert werden musste, blieb Junski an Land, musste sich als Arbeiter durchschlagen. So ist das liebe Geld jetzt Hauptthema bei der Betreuung. Nach Miete und Abzug der festen Kosten bleiben dem Senior 94 Euro Taschengeld im Monat. Und davon müssen noch Zuzahlungen für Medikamente erledigt werden. Bernhard Junski ist mit seiner Rente so gerade auf der Grenze zur Möglichkeit der Befreiung. Bei ihm kommt es auf jeden Cent an.

Plüschau überblickt die Vorschriften. Er weiß, welche Ansprüche der alte Seemann hat und setzt durch, wozu Bernhard Junski allein nicht in der Lage gewesen wäre. So gab es neulich zum ersten Mal einen Kleidergeld-Zuschuss vom Sozialamt, knapp 120 Euro, für Bernhard Junski eine Unsumme. Plüschau half auch, als es Zwist mit der Krankenkasse gab und als der Uralt-Fernseher seinen Geist aufgab. "Ich habe einen neuen Gebrauchten besorgt."

Etwa zehn bis 15 Stunden setzt Plüschau pro Monat ein. Mehrmals die Woche telefoniert er mit Junski. Mindestens einmal pro Monat schaut er persönlich vorbei, bringt Kontosauszüge und Geld und klönt ein bisschen über die alten Zeiten im chinesischen Meer. Das Geld spielt für Plüschau keine Rolle. Die rund 300 Euro Aufwandsentschädigung pro Jahr decken nicht mal das Benzingeld für die Besuchsfahrten von Wedel nach Schenefeld. "Aber das spielt keine Rolle. Es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man helfen konnte."