Klägliches Spiel

"Pinneberg einig gegen die Neonazis", PZ vom 8. Juni

Trotz der kraftvollen, friedlichen Demonstration gegen den Aufmarsch der Neo-Nationalsozialisten in Pinneberg am 6. Juni bleibt bei mir Nachdenklichkeit zurück: Wäre es für eine wehrhafte Demokratie nicht besser, die Neo-Nationalsozialisten zu verbieten?

Das Spiel, das sie mit uns treiben, ist doch zu kläglich. Über die Wahlkampfkostenerstattung stecken wir ihnen die Steuergelder zu, mit denen sie unter Berufung auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ihre teilweise gewalttätigen Aktionen durchführen. Ihr Auftreten ist eklatant und nachhaltig gegen Grundrechte und damit gegen Fundamente unserer Verfassung gerichtet. Und die Neonazis haben damit Wirkung: Ältere Bürger ziehen sich eingeschüchtert in ihre Wohnungen zurück, die Straßen und Geschäfte sind leer, Baustellen werden vorübergehend geschlossen. Auf solche Phänomene sollten wir nicht nur wie am 6. Juni mit einem umfassenden, gesellschaftlichen Bündnis kraftvoll reagieren, sondern auch agieren. Dazu zählen viele Maßnahmen, in der Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, aber auch eine offensive Auseinandersetzung mit dem Verbot der Neo-Nationalsozialisten.

Ein solches Verbot ist juristisch möglich und begründbar. Wir müssen es nur politisch wollen. Dazu wäre ein ebenso kraftvolles, solidarisches Bündnis wie bei der friedlichen Demonstration am 6. Juni zu wünschen. Denn ich bin überzeugt: eine wehrhafte Demokratie braucht dies.

Nils Jonas, per E-Mail

Großes Dilemma

Neofaschisten um die NPD haben am 6. Juni mit einer gerissenen Strategie, die den Provokationsaufmärschen der SA entlehnt ist, entgegen allen anderen Behauptungen ein ziemlich großes Dilemma dieser Gesellschaft offen gelegt. Weder eine Verbotsbegründung durch die Kreisverwaltung noch ein Sicherheitskonzept der Polizei, geschweige denn die darauf urteilende Justiz haben hier die richtigen Antworten und Einschätzungen getroffen.

Macht haben bedeutet auch, Raum und Zeit nach seinem Willen strukturieren zu können. Die Nazis haben an besagtem Tage das südliche Schleswig-Holstein durch bewusstes Anmelden zweier Aufmarsch-Orte, nämlich Pinneberg am Vormittag und Itzehoe am Nachmittag, zur Übung dieses Machtanspruches benutzt. Das heißt: Auch das sich Transportieren lassen mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einem Ort zum anderen war bewusster Bestandteil dieses Provokationsaufmarsches.

Ungeheuerlich ist der Umstand, die Zeitzeugin und Auschwitzüberlebende Esther Bejarano durch einen Polizeihubschrauber bei ihrer Rede zu behindern. Das war kein Zufall und nicht das erste Mal. Eine öffentliche Entschuldigung durch die Verantwortlichen ist angebracht.

Aus der Geschichte, auch aus der jüngsten Geschichte zu lernen bedeutet für uns, dass die richtigen Antworten gegen neofaschistische Provokationen nur gemeinsam zwischen zuständiger Verwaltung, der Polizei, und der Zivilgesellschaft gefunden werden können.

Wir fordern daher regelmäßige Treffen zwischen den Verantwortlichen und dem Pinneberger Bündnis als Vertreter der Zivilgesellschaft, und zwar auf gleicher Augenhöhe, ein. Damit wirksame Entscheidungen zum zukünftigen Verbot dieser braunen Provokation möglich sind.

R. Arendt, Arbeitsgemeinschaft "Stolpersteine für Elmshorn"

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