Der Verkauf geht weiter. Aber wenn sich kein Investor findet, werden die Türen im August endgültig geschlossen.

Elmshorn. "Spiel mir das Lied vom Tod" dröhnte aus den Boxen, als zwei als Totengräber verkleidete Frauen einen Sarg vor der Elmshorner Hertie-Filiale abstellten. Mit diesen drastischen Mitteln demonstrierten gestern mehr als 40 Mitarbeiter des Kaufhauses für den Erhalt des Standorts Elmshorn und für die Rettung der insgesamt 74 Arbeitsplätze.

Eine Sargträgerin ist Ruth Schippmann. "Ich war 15 Jahre alt und bin direkt nach der Schule bei Hertie angefangen", erzählt sie. Das war 1976, kurz nach der Eröffnung des Warenhauses. Jetzt, nach 33 wechselvollen Jahren für Karstadt und Hertie, steht die Seestermüherin vor dem beruflichen Aus. "Ich fühle mich mies, bin todtraurig", sagt sie. Wo sie sich bewerben, wo sie in ihrem Alter eine neue Arbeit finden soll - Ruth Schippmann weiß es nicht.

So wie ihr geht es vielen. "Unsere Mitarbeiter sind durchschnittlich 50 Jahre alt, die meisten arbeiten seit mehr als 15 Jahren hier", berichtet Betriebsrat Friedrich Schmidt. Die meisten würden nach dem Hertie-Aus beim Arbeitsamt landen und wohl so schnell keinen neuen Job finden. "Viele sind inzwischen abgestumpft. Aber noch haben wir ein bisschen Hoffnung" sagt Schmidt. Allerdings sei eines klar: "Mitte bis Ende August ist es vorbei." Dann müsste ein neuer Investor übernehmen.

Derzeit laufen die Sozialplanverhandlungen für die bundesweit 2600 Hertie-Mitarbeiter, die nächste Verhandlungsrunde folgt Donnerstag. Noch öffnet das Warenhaus täglich zu den gewohnten Zeiten - und noch sind die Auslagen und Regale gut gefüllt.

"Rettet Hertie - rettet die Innenstadt": Slogans wie diese standen auf den Transparenten, die von den Mitarbeitern vor dem Hertie-Haus emporgereckt wurden. Zum Abschluss der halbstündigen Kundgebung gestern Mittag zeigten die Beschäftigten ihrem Arbeitgeber, dem britischen Konzern Dawnay Day, die symbolische rote Karte. Verdi-Sekretär Ralph Schwittay, Betriebsrat Schmidt und die SPD-Landtagsabgeordnete Siegrid Tenor-Alschausky brandmarkten den britischen Konzern als "Heuschrecke".

Auch Bürgermeisterin Brigitte Fronzek war gekommen - und ging später bei Hertie einkaufen. Sie bekam vom Hertie-Betriebsrat 3000 Unterschriften von Elmshorner Bürgern überreicht, die sich für den Erhalt des Warenhauses einsetzen. Sie waren innerhalb einer Woche gesammelt worden und sollen, zusammen mit Unterschriften aus den anderen 53 Filialen, Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg übergeben werden. "Die Resonanz war überwältigend", so Betriebsrat Schmidt, der die Stadt um Hilfe bei der Rettung bat.