So eine Lesung hat es in der Stadtbücherei Wedel bislang noch nicht gegeben: Giuseppina Dolle will Kinder mit “gefühlten Geschichten“ begeistern. Das Besondere daran - die Vorleserin ist blind und auf Bücher in der sogenannten Braille-Schrift angewiesen.

Wedel -

Jungen und Mädchen und natürlich auch ihre Eltern werden am morgigen Dienstag, 9. Juni, ab 16 Uhr nicht nur Geschichten von Kirsten Boie und Lionni hören, sondern gleichzeitig auch erfahren, wie man diese Texte nur per Gefühl erfassen kann. Die Veranstaltung ist Teil der "Tour de Braille". Diese Reihe ist Louis Braille gewidmet, der vor 200 Jahren geboren wurde und die weltweit verbreitete Punktschrift erfand.

Sechs erhabene oder erhöhte Tastpunkte in 64 Kombinationsmöglichkeiten erschließen für Blinde die Welt. "Allerdings beherrschen nur etwa zehn Prozent aller Blinden dieses System", sagt Giuseppina Dolle, die im Blinden- und Sehbehindertenverein aktiv ist. Der Grund dafür liegt darin, dass zumeist Menschen erst im höheren Alter ihr Augenlicht verlieren und dann nicht mehr Neues erlernen wollen.

Dabei wird mit den kleinen Punkten längst nicht nur Literatur wiedergegeben. So mancher hat sie schon auf Arzneimittelverpackungen entdeckt, aber auch auf Fahrstuhlknöpfen und Computer-Tastaturen sind sie zu finden, so dass blinde Menschen auch das Internet nutzen können.

Parallel zu der Lesung von Giuseppina Dolle zeigt die Stadtbücherei Tast-Bilderbücher, die der blinde Wedeler Ingenieur Volker König seit vielen Jahren gemeinsam mit Schulen und Hilfsorganisationen produziert. Von "Die kleine Raupe Nimmersatt" bis "Rosi die rosarote Schlange" haben König und seine Helfer in einem speziellen Tiefziehverfahren mittlerweile 19 Bücher hergestellt.

Unterstützung bei seiner Arbeit nimmt Volker König gern an. Wer helfen möchte, kann ihn anrufen, er ist unter der Telefonnummer 04103/843 11 zu erreichen. (fr)