Neben diversen Prellungen zieht sich Ilse Todt eine komplizierte Fraktur des linken Handgelenks zu - jetzt ist die alte Dame auf Pflege angewiesen.

Pinneberg. Der 23. März - für Ilse Todt zunächst ein normaler Tag. An diesem Montag muss die 83-Jährige zur Bank. Und zur Post. Beides ist für die Seniorin aus Pinneberg schnell erledigt. Um 9.39 Uhr steigt die Rentnerin, auf ihren Rollator gestützt, an der Haltestelle Friedrich-Ebert-Allee in einen Bus der Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG). Das tut sie fast jeden Tag. Doch bevor sie diesmal den Klappsitz in Türnähe erreichen kann, fährt der Bus ruckartig an. Ilse Todt stürzt. Damit beginnt für sie eine lange Zeit des Leidens.

Neben diversen Prellungen zieht sich Ilse Todt eine komplizierte Fraktur des linken Handgelenks zu. Sie kommt am gleichen Tag ins Klinikum Pinneberg, wird operiert und nach einer Woche entlassen. Weil sich die allein lebende Rentnerin nun nicht mehr selbst versorgen kann, muss zweimal pro Tag der Pflegedienst kommen. "Ich kann das Handgelenk noch immer nicht richtig belasten", sagt die inzwischen 84-Jährige. Laut den Ärzten wird ihre Genesung voraussichtlich ein halbes Jahr dauern.

Mehr als 350 Euro Eigenanteil muss Ilse Todt monatlich für den Pflegedienst zahlen. Für die ehemalige Sekretärin mit kleiner Rente, deren Mann inzwischen im Pflegeheim wohnt, eine enorme Belastung. Von der PVG hat die Seniorin seit dem Unfall zwei Schreiben erhalten, jeweils mit einem Fragebogen. "Die Fragen sind auf beiden fast identisch", ärgert sich Hans-Werner Todt, der Sohn der Geschädigten.

Gefragt wird seitens des Unternehmens vor allem nach Zeugen. "Meine Mutter stand unter Schock, hat die Leute, die ihr aufgeholfen haben, nicht nach den Namen gefragt", so der Sohn weiter. Was Ilse Todt dagegen sehr genau erinnert: "Der Fahrer ist einfach weitergefahren, er hat nicht geholfen." Die alte Dame und ihr Sohn hoffen, dass sich vielleicht noch im nachhinein Zeugen melden.

Die von Ilse und Hans-Werner Todt kritisierte lange Bearbeitungszeit ist laut PVG-Sprecher Kay Goetze durchaus normal: "Wir müssen uns ein genaues Bild des Sachverhalts machen, die Beweislage intensiv prüfen." Laut Goetze ist das Unternehmen für solche Fälle versichert. Derartige Unfälle seien Ausnahmen, kämen maximal fünf Mal pro Jahr vor. "In der Regel haben unsere Fahrer ihre Gäste im Blick, achten darauf, erst anzufahren, wenn alle ihren Platz eingenommen haben."

Ilse Todt, die nach einem Schlaganfall vor zwölf Jahren zu 100 Prozent schwerbehindert und wegen Gleichgewichtsstörungen auf den Rollator angewiesen ist, hat sich sechs Wochen nach dem Unfall wieder in einen Bus getraut. Alles ist gut gegangen. "Wenn ich noch einmal auf diesen Fahrer treffe, werde ich nicht einsteigen!"