17 Projekte in der Tier- und Landschaftspflege sollen Benachteiligten eine sinnvolle Beschäftigung bieten.

Appen

Der Streichelzoo ist schon reich bestückt: Drei Esel, sechs Ziegen und zwei Shetlandponys vergnügen sich auf dem Schäferhof in Appen. Ihre kleinen Ställe waren schnell errichtet. Nebenan sind die Handwerker noch fleißig dabei: Sie richten in zwei neuen Hallen Boxen für Pferde ein, haben eine alte Scheune umgestaltet und bauen die wahrscheinlich größte Reithalle des Kreises Pinneberg auf.

Während die Bauarbeiter und Elektriker Stück für Stück ihr Werk vollenden, wandern zwei Herren zwischen den Baustellen hin und her: Rainer Adomat, Chef der Schäferhofs, einer Einrichtung für Wohnungslose, die vor gut 100 Jahren von der Stiftung Hamburger Arbeiterkolonie gegründet wurde, und Peter Schaumann, Geschäftsführer des Pinneberger Lebenshilfewerks. Sie sind die Architekten eines in Norddeutschland herausragenden Projekts für Menschen mit Benachteiligungen. Ihr Ziel: "Möglichst viele Hände an die Arbeit zu bringen."

Hier sollen Behinderte und sozial Benachteiligte sinnvolle Beschäftigungen finden. Hier sollen junge Menschen ausgebildet werden: als Werker für die Tierpflege und als Landschaftspflegehelfer. "Wir schaffen hier Arbeit für den ersten, zweiten und dritten Arbeitsmarkt", sagt Schaumann.

(Fast) alles dreht sich hier um Landwirtschaft - mittendrin die Pferdehaltung. Boxen, Ausläufe und Trainingsmöglichkeiten werden im ersten Bauabschnitt für 50 Pferde hergerichtet. Wie viele Arbeitsplätze gibt das? Darauf wollen sich weder der Chef der Lebenshilfe noch sein Partner vom Schäferhof festlegen. "Das wächst Schritt für Schritt", sagt Adomat.

Schon heute sind rund um die neue Landwirtschaft 150 Männer und Frauen beschäftigt: In einer Holzwerkstatt, in einem technischen Dienstleistungsbetrieb. Mindestens 40 Arbeitsplätze werden für den Start der Pensionspferdehaltung benötigt. Auf Billigpreise muss dabei niemand hoffen. Stattdessen wird auf große Auslaufflächen - der Schäferhof umfasst allein 300 Hektar - und moderne Einrichtungen Wert gelegt.

"Wir orientieren uns an den Markttarifen", sagt Schaumann. Zudem muss jeder Pferdebesitzer ein Grundpaket für die Pflege der Pferde mitbuchen. Denn das Ziel bleibt: "Viele Hände an die Arbeit!"

Die erste Reiterin hat bereits gebucht: Es ist Petra Heidorn, die mit der Lebenshilfe eng kooperiert und heilpädagogisches sowie therapeutisches Reiten anleitet. Sie wechselt im Sommer von Tangstedt nach Appen.

Die Therapie auf den Pferden ist eins von 17 Projekten, die bis 2017 rund um die Reitanlage entwickelt werden sollen. Eifrig geplant werden bereits ein Naturerlebnisraum für Touristen, selbstverständlich möglichst barrierefrei, und ein naturnaher Abenteuerspielplatz.

Mit dem landwirtschaftlichen Konzept kehrt der Schäferhof zu den historischen Wurzeln zurück. Der Bauernhof war ursprünglich das einzige Beschäftigungsprojekt für die Menschen aus Hamburg, die vom Leben auf der Straße wieder in ein beschütztes Umfeld zurückkehren wollten. Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Bewohner mehr und mehr Arbeit in Werkstätten übernommen, die auf dem Gelände errichtet wurden. Zuletzt war die Landwirtschaft verpachtet worden. Vor drei Jahren stand die Stiftung vor der Frage, in den Milchviehbetrieb zu investieren und damit Technik statt Arbeitskraft zu fördern. Doch Adomat und Schaumann hatten eine andere Idee. Den finanziellen Grundstock sicherten sie sich mit dem Verkauf der Milchquote - und zwar zu einer Zeit, als dafür noch viel Geld gezahlt wurde. Auf Dauer soll sich das Projekt finanziell tragen. Peter Schaumann ist optimistisch: "Das schaffen wir!"

Wer sich für das Modell auf dem Appener Schäferhof interessiert, erreicht Peter Schaumann, Geschäftsführer des Lebenshilfewerks Pinneberg, unter der Rufnummer 04101/808 08 56. Mehr über das Konzept des Gemeinschaftsprojekts gibt es auch im Internet www.gut-schaeferhof.de