Aber auch Buttermilch schreckt die Tiere nicht ab. Experte vermutet, dass es am zu geringen Säuregrad liegt.

Rellingen/Wedel

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Aber gilt das auch für Rehe und deren Appetit auf mit Buttermilch "gewürzte" Stiefmütterchen? Die Pinneberger Zeitung berichtete kürzlich über rücksichtsloses Rehwild, das sich mit Heißhunger über die bunten Blüten auf den Gräbern des Wedeler Waldfriedhofs hermachte. Trotz des massiven Einsatzes von Buttermilch-Duschen ließen sich die hungrigen Bambis die gesäuerten Stiefmütterchen schmecken.

Wedels Friedhofsverwalter Christoph Stapel und seine Helfer streckten die Waffen und empfahlen der pflanzenden Kundschaft, lieber Primeln und Narzissen zur Zierde der Gräber zu verwenden. Denn darauf haben Rehe keinen Appetit.

Doch das Versagen der Buttermilch-Keule ließ Hans Hackländer und Manfred Heitmann in Rellingen nicht ruhen. Schließlich gilt Hackländer, der frühere langjährige Naturschutzbeauftragte des Kreises Pinneberg und der Gemeinde Rellingen, als "Erfinder" der Buttermilch-Beregnung. Und Rellingens Friedhofsverwalter Heitmann setzt dieses Verfahren auf Hackländers Empfehlung seit mehr als zehn Jahren erfolgreich ein. Bei sämtlichen 22 000 Stiefmütterchen auf Rellingens letzter Ruhestätte wirkt die Mixtur. Kein Rellinger Reh käme auf die Idee, die sauren Blüten zu vertilgen. Selbst auf dem Kummerfelder Friedhof verfehlte der Buttermilch-Cocktail seine Wirkung nicht. Auch diverse Privatgärten in Rellingen sind längst buttermilchgeschützte Stiefmütterchen-Hochburgen geworden.

Was also machen die Wedeler falsch? Hackländer, der bescheiden darauf hinweist, vor 60 Jahren von Kleingärtnern die Rezeptur zum Blütenschutz erfahren zu haben, vermutet, dass es am Säuregrad liegt. Früher wurde Buttermilch aus Sauerrahm gewonnen. Jetzt ist Süßrahm die Basis. Deshalb, so der Tipp des Experten, sei es sinnvoll, die Buttermilch ein paar Tage gären zu lassen. Wenn dann der Kuhsaft so richtig sauer ist, werden zwei Teile Wasser zugesetzt und schön vermixt. Diese saure, aber höchst umweltfreundliche Mischung wird dann auf die Stiefmütterchen gespritzt.

Die Profis vom Rellinger Friedhof verpassen den Stiefmüttern gleich bei Anlieferung, wenn noch alle Pflanzen in der Kiste stecken, den unsichtbaren Schutzanstrich. Der reicht dann für eine ganze Saison. Was die Konzentration des Wirkstoffs angeht, kann das Mischungsverhältnis durchaus flexibel gehandhabt werden.

Allerdings empfiehlt Hackländer schmunzelnd, schon mit Rücksicht auf die aktuellen Probleme der Milchbauern bei Absatz und Preisgestaltung ihrer Produkte, die Pflanzenschutz-Mixtur nicht all zu wässrig anzusetzen.

Übrigens wirkt der Schutz nicht nur bei den beliebten Stiefmütterchen. Der saure Milchregen kann bei sämtlichen gängigen Sommerblumen angewendet werden. Zumindest Rellingens Friedhofs- und Gartenrehe halten sich dann an die Spielregeln und lassen die bunte Blumenpracht in Ruhe gedeihen.