Eine Glosse von Rainer Burmeister

Es ist schon verdammt lange her, da gab es in Bonn einen jungen Mann namens Gerhard Schröder, der nachts am Gittertor des Bundeskanzleramts rüttelte und dabei brüllte: "Ich will hier rein!" Später bekam er tatsächlich den Chefposten als Nachfolger von Helmut Kohl.

Das Pinneberger Rathaus hat kein Gittertor. Die erste und vorerst letzte Bürgermeisterin kickte nicht nur deshalb ganz ohne Rütteln 2008 den Vorgänger, der am Sessel klebte, nach einem glänzenden Wahlkampf aus dem Amt.

Doch nach diesem furiosen Start und ersten Erfolgen häuften sich schon bald Pleiten, Pech und Pannen im Rathaus. Hätte es ein Gittertor gegeben, Kristin Alheit hätte wohl heftig dran gerüttelt und gerufen: "Ich will hier raus!"

Bald war der Schuldenberg hoch genug, um vom Gipfel aus zunächst den Blick nach Hamburg und dann nach Kiel schweifen zu lassen. Nachdem eine Rückkehr in die Hansestadt an mangelnder Nachfrage scheiterte, ist Kristin Alheit nun, befreit von den Lasten der kommunalen Verwaltungskunst, an der Förde an Bord von Käpt'n Albigs Regierungs-Traumschiff gegangen. Gerettet!

In Pinneberg-City hält mittlerweile ein in Ehren ergrauter Sheriff das fluchtartig verlassene Bürgermeisterinbüro übergangsweise besetzt: Klaus Seyfert, einst Chef des örtlichen Polizeireviers, führt im wahrsten Sinne des Wortes "kommissarisch" die Amtsgeschäfte, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden worden ist. Um den oder die zu entdecken, wäre wohl eine Menge polizeilichen Spürsinns erforderlich gewesen.

Doch unter dem halben Dutzend Absagen, teilweise auch von jenen und solchen, die noch gar nicht gefragt worden waren, glänzt ein einsamer Rufer in der Prärie: "Schwerter zu Pflugscharen, Sportvereins-Manager zu Bürgermeistern", könnte das Motto von Sönke-P. Hansen lauten. Der VfL-Geschäftsführer würde wollen, wenn alle Fraktionen ihn wollten, und dann mutig in den Wahlkampf ziehen, um sich vom Volk wählen zu lassen.

Unfertige Westumgehung, kaputte Straßen und Radwege, das Eggerstedt-Kasernen-Erbe, die City am Aussterben und dann noch ein Loch in der Kasse - so groß und tief, dass wohl die "Titanic" drin versinken könnte. Wer solche Baustellen und noch viele mehr erfolgreich bearbeiten will, muss schon eine Menge sportlichen Ehrgeiz mitbringen.

Ach ja, der Sport: Unter einem Bürgermeister Sönke-P. Hansen würde wohl ein ganz neuer Teamgeist ins Rathaus einziehen: Die Mitarbeiter begrüßen sich per Abklatschen ("gimme five"). Der Arbeitstag beginnt mit (Nordic-)Walken auf der Verwaltungslaufbahn, Kniebeugen im Personalamt und Klimmzügen in der Stadtkasse. Außerdem startet Hansen den flächendeckenden Modellversuch "Alle Bürger sagen du - was sagst du dazu?".

Und was macht ein Sportvereins-Manager, wenn das Geld nicht reicht? Mitgliedsbeiträge erhöhen und Karteileichen aussortieren. Und was machen die Mitglieder, wenn denen das nicht passt? Sie wechseln den Verein. Übertragen auf die Pinneberger hieße das: Auswandern in die Nachbarschaft.

Vielleicht nach Rellingen? Der Baumschulgemeinde geht es vergleichsweise "gold". Wer wüsste das besser als Sönke-P. Hansen. Der wohnt dort seit Jahren und wäre schon fast einmal Bürgermeister von Rellingen geworden . . .