Finanzdesaster, Mobbing, Ausschlussdrohung: Schenefelder Ortsgruppe muss am 21. Juni einen Weg aus der aktuellen Misere finden.

Schenefeld. Am 21. Juni geht es im Kinderhaus an der Schulstraße um die Zukunft der Schenefelder Lebenshilfe. Der gemeinnützige Verein steckt erneut in einer schweren Krise. Er ist zerstritten und in zwei Lager gespalten. Zudem gibt es massive finanzielle und personelle Probleme. Wieder ist man auf der Suche nach einer neuen Führungsriege. Wer kann den Verein, der 300 Menschen mit Behinderung betreut und mit 300 Mitarbeitern zu einem der größten Arbeitgeber in Schenefeld zählt, aus dieser Krise führen? Wie gelingt die notwendige Neuausrichtung?

Zudem drängt die Zeit. Aufgrund der schwerwiegenden internen Probleme droht den Schenefeldern der Ausschluss aus dem Lebenshilfeverband. Das Verfahren wurde bereits in die Wege geleitet. Ein bislang beispielsloser Fall innerhalb der sozialen Vereinigung.

Die Einladungen für die kurzfristig einberufene, außerordentliche Versammlung sind an die rund 700 Mitglieder raus gegangen. Es ist nicht das einzige Schreiben, das derzeit die Mitglieder erreicht. Auch der Betriebsrat hat einen Brief verfasst. Darin appelliert er eindringlich an die Mitglieder, den Weg für eine Umstrukturierung des Vereins frei zu machen. Eine professionelle Geschäftsführung müsse her. Der Betriebsrat erhebt schwere Vorwürfe gegen den bisherigen Vorstand, spricht von Missachtung des von Mitarbeitern gewählten Gremiums und warnt: "Wenn der dramatischen Entwicklung nicht umgehend Einhalt geboten wird, befürchten wir das Schlimmste für die Lebenshilfe Schenefeld."

Klar ist: Am 21. Juni, im Kinderhaus - also genau dort, wo 2009 der ehemalige Vorsitzende Heinz Piel nach internen Querelen unter Beschuss stand und seinen Hut nahm - werden sich jetzt seine Nachfolger verantworten müssen. Im Raum steht die Zweckentfremdung von Betreuungsgeldern, mit denen die Lebenshilfe Schenefeld dem defizitären vereinseigenen Gärtnereibetrieb an der Blankeneser Chaussee unterstützt. Allein 2009 wanderten 337 000 Euro vom Verein in den Betrieb. Geld, auf dessen Rückzahlung der Vorstand mit Beschluss vom 28. September 2011 verzichtete. Bislang hieß es auf den Mitgliederversammlungen, dass das Geld bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Gartenbetriebes zurückfließen sollte. Das Problem: Trotz Umstrukturierungen fährt die Gärtnerei jeden Monat ein Minus ein. In den vergangenen Jahren sind laut Abendblatt-Information so knapp eine Million Euro vom Verein in den Betrieb geflossen. Hinzu kommt, dass die Kosoz (Koordinierungsstelle soziale Hilfen der schleswig-holsteinischen Kreise) den Betreuungsschlüssel in der Gärtnerei prüft. Der Verdacht: Zu wenig qualifizierte Mitarbeiter kümmern sich um zu viele Betreute. Trifft das zu, muss die Lebenshilfe Schenefeld beim Personal schnell aufstocken.

Nicht das einzige Loch, das gestopft werden muss. 110 000 Euro kostet das leer stehende Restaurant Teufelsbrück den Verein pro Jahr. Das Gebäude an der Elbchaussee wurde 2007 für 750 000 Euro in einer Zwangsversteigerung gekauft. 250 000 Euro kamen für die Renovierung oben drauf. Seit zwei Jahren versucht der Verein, die Immobilie los zu werden. Ohne Erfolg.

Zudem erschüttert die Lebenshilfe Schenefeld seit Anfang des Jahres ein Mobbingfall. Vier leitende Mitarbeiter der Wohngruppen erheben schwere Vorwürfe gegen zwei ihrer Kollegen. Systematisch sollen sie jahrelang drangsaliert worden sein, sagen die Betroffenen. Versuche, mit Hilfe einer Mediatorin die Probleme in den Griff zu bekommen, scheiterten. Anwälte sind eingeschaltet.

Um den Ruf der Lebenshilfe zu schützen und den Problemfall Schenefeld endgültig in den Griff zu bekommen, verlangt die Landesvereinigung den Rücktritt des Vorstandes und eine Neustrukturierung der größten Lebenshilfe-Ortsgruppe in Schleswig-Holstein. Ein Vorschlag, wie das aussehen könnte, liegt vor. Aber im Einladungsschreiben des Noch-Vorstandes findet sich keine Zeile darüber.

"Meine Vorschläge sind anscheinend nicht gewollt. Mein Einsatz hat sich damit erledigt. Ich lasse mich nicht vorführen", erklärt Susanne Stojan-Rayer auf Nachfrage. Die Lebenshilfe-Landeschefin hat seit Monaten der Ortsgruppe beigestanden. Zudem ist sie diejenige, die das Ausschlussverfahren stoppen und damit verhindern könnte, dass die Lebenshilfe Schenefeld ihren Namen und den damit verbundenen Status verliert.

Doch die Zeichen stehen ganz anders. "Es scheint, als wenn alte Vorstandsmitglieder für den neuen Vorstand kandidieren wollen. Das ist kein Neuanfang, wie ihn der Landesverband fordert", macht Stojan-Rayer ganz deutlich. Am 11. Juli entscheiden die Mitglieder der Landesvereinigung über den möglichen Rausschmiss der Schenefelder Ortsgruppe.