Viele Mitarbeiter der Pinneberger Verwaltung empfinden den Weggang ihrer Chefin als Flucht

Pinneberg. Viel wurde in den vergangenen Tagen über sie gesprochen und geschrieben. Kristin Alheit selbst sagte am Dienstag praktisch nichts. "Ich bestätige und kommentiere nichts", so die Pinneberger Bürgermeisterin, die neue Sozialministerin von Schleswig-Holstein werden soll. Am heutigen Mittwoch will der designierte Ministerpräsident Torsten Albig in Kiel sein künftiges Kabinett inklusive Kristin Alheit, 44, vorstellen. Am 12. Juni soll der neue Regierungschef vom Landtag gewählt werden, einen Tag später werden die Minister vereidigt.

"Ihr Weggang kommt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt", sagt der Personalratsvorsitzende Stefan Mielke über den für viele Pinneberger überraschenden Weggang seiner Chefin. Es gebe "auch intern viele Baustellen", so der Personalrat. So stünde die Neubesetzung der Leitung des Fachbereichs I an, die Umsetzung der Verwaltungsreform müsse weitergehen. Mielke spricht von einer "Zeit der Unsicherheit". Er befürchtet, dass durch den Wechsel auf dem Bürgermeistersessel kostbare Zeit verloren geht.

Die Stimmung der Belegschaft sei auf einem Tiefpunkt, berichten andere Mitarbeiter. Viele Kollegen ließen kaum ein gutes Haar an der Bürgermeisterin, die ihren Weggang mehr als Flucht denn als Karrieresprung verstünden. Vor allem bei der Aufklärung des sogenannten Finanzskandals, die für viele zu schleppend verläuft, wird nach Alheits Abgang eine neue Dynamik erwartet. "Viele werden jetzt offene Rechnungen mit Alheit begleichen wollen", erwartet ein Rathausinsider.

Kommissarisch wird der ehrenamtliche Alheit-Stellvertreter Klaus Seyfert, CDU, in den kommenden Tagen den Bürgermeisterposten übernehmen. "Mit allen Rechten und Pflichten. Mir ist davor nicht bange", sagt der Christdemokrat. Er spricht von einem Fulltime-Job, den er für bis zu sechs Monate bis zur Neuwahl übernehmen könnte. "Mit einer 40-Stunden-Woche werde ich nicht auskommen." Für viele Bürger wäre Seyfert sicher auch ein Bürgermeister auf Dauer - aber er ist schon 73 Jahre alt. "Wäre ich 59, könnte ich mir das gut vorstellen", sagte Seyfert im Gespräch mit dem Abendblatt.

SPD-Fraktionschefin Angela Traboldt, die im Vorwege der Bürgermeisterwahl 2008 als heiße Kandidatin gehandelt worden war, sagte am Dienstag unmissverständlich: "Ich werde es nicht machen." Die SPD werde auf jeden Fall einen eigenen Bewerber benennen, viel Zeit könne man sich bei der Suche nicht lassen.

Beim Thema Bürgermeisterwahl wird ein Name in jüngster Zeit bei den Genossen häufig genannt: Johanna C. Skalski. Die 35 Jahre alte Rechtsanwältin aus Elmshorn wäre vor zwei Jahren um ein Haar Bürgermeisterin von Quickborn geworden. Am Ende fehlten ihr als SPD-Kandidatin bei der Stichwahl 19 Stimmen, um Amtsinhaber Thomas Köppl aus dem Rathaus zu jagen. Bei der Landtagswahl am 6. Mai trat sie im wenig aussichtsreichen Wahlbezirk Pinneberg-Nord an und unterlag dem CDU-Dauerabgeordneten Peter Lehnert aus Bilsen. Zu einer möglichen Kandidatur in Pinneberg sagt sie: "Ich habe doch einen Beruf. Und ich habe mich noch nie auf eine Stelle beworben, die noch nicht einmal ausgeschrieben ist."