Eine Glosse von Cornelia Putzbach

Oha, dachte ich, als mich W., mein alter Freund aus Studientagen mit der Frage konfrontierte, ob es wohl eine ästhetische Ignoranz gäbe. Wie er das meine und warum, wollte ich wissen. W. wohnt in einer hübschen Gegend, alter Backstein, ansprechende Gärten, Normalität mit dem Hauch von Gediegenheit, aber immer "in sich stimmig" und wunderbar unaufdringlich, wie er es formuliert.

Nun aber sei auch hier das Plastik- und Baumarktdesign eingezogen und er müsse mir das mal sagen, und das sei gar nicht von oben herab gemeint. Denn was er von seiner Terrasse im ersten Stock aus sehe, sei für ihn als Ästheten eben nicht einfach zu schlucken. Und ihm würde sich die Frage stellen, warum man sich für die Schaukel in Quietschrosa, die Sitzecke in türkisfarbenem Plastik und den alten Autoreifen mit knallroter Geranienbepflanzung entscheide. Und warum der Jogginganzug, in dem sich der Hausherr gerade in den Türkisstuhl setzt, nicht einfach dunkelblau, sondern noch mit Dreiecken und Punkten und dem Satz "Ich mach das schon" verziert sein müsse. Und an den Carport noch ein Bobby-Carport gebaut und neben den Zwerg eine Zwergin mit Zwergenkindern platziert wird.

Ob denn immer alles verschlimmbessert werden müsse? Ich konnte W. aus seiner optischen Not nicht befreien und verkniff mir einen faden Kommentar wie "alles Geschmackssache". Schon weil ich finde, dass er ein bisschen recht hat und weniger mehr ist.