Das Landgericht Itzehoe verhängt die Höchststrafe gegen Yasin T., der Ostern 2011 die Elmshorner Rentnerin Minna R. brutal tötete.

Elmshorn/Itzehoe. Die Anspannung war Yasin T. kurz vor der Urteilsverkündung deutlich anzumerken. Der 25-Jährige zitterte am ganzen Körper - und sackte sichtbar zusammen, als Richter Eberhard Hülsing gestern Mittag das Straßmaß verkündete: Für den Ostern 2011 verübten Mord an der Elmshorner Rentnerin Minna R. muss der Angeklagte lebenslänglich hinter Gitter. Während die Eltern des 25-Jährigen noch im Saal des Landgerichts Itzehoe ihren Tränen freien Lauf ließen, blieben Monika H. und Jürgen R., die beiden Kinder des Mordopfers, äußerlich unbewegt.

Vier Monate lang haben sich Täter und Angehörige des Opfers gegenüber gesessen - neun Verhandlungstage lang. Und immer wieder kamen die grausigen Details zur Sprache, wie Minna R. starb. Die 76-Jährige wurde in ihrer Erdgeschosswohnung am Sandberg vom Angeklagten totgeprügelt. Der hatte während des Prozesses eingeräumt, die Seniorin attackiert zu haben, will genaue Details nicht mehr erinnern.

Die brutale Tat ereignete sich kurz nach 6 Uhr am Morgen des Ostermontags, als Yasin T. stark angetrunken und berauscht von einer Drogeneinnahme aus Hamburg zurückkam. Der Angeklagte lief, so sagte er es im Prozess aus, ziellos zwei Frauen nach und landete schließlich am Sandberg. "Die Terassentür zur Wohnung des Opfers stand möglicherweise offen", sagte Richter Eberhard Hülsing. Der Angeklagte habe sich dann Zugang zu den Räumen verschafft - jedoch nicht in der Absicht, dort telefonieren zu wollen. Hülsing: "Das nehmen wir ihnen nicht ab. Ihnen ging es darum, an Geld zu kommen."

Yasin T. sei im Wohnzimmer auf Minna R. getroffen und habe sofort gewaltsam auf sie eingewirkt. "Die Auseinandersetzung war derart massiv, dass ein schwerer Sessel umgestürzt ist", sagte Hülsing. Zudem habe der Angeklagte mit bloßen Fäusten sowie einem Stuhl, dessen Rückenlehne abbrach, auf die Seniorin eingeprügelt. Hülsing: "Die Auseinandersetzung hat sich dann ins Schlafzimmer verlagert, wo sie den Kopf des Opfers gegen die Wand geschlagen und ihm ein Kissen auf das Gesicht gedrückt haben." Auch habe der Angeklagte der Seniorin noch mehrere oberflächliche Verletzungen mit einem Messer beigebracht. Hülsing: "Wer derart massiv Gewalt gegen eine 76 Jahre alte Frau ausübt, der nimmt in Kauf, dass sein Tun zum Tod des Opfers führen kann." Der Angeklagte habe sich eines Mordes aus Habgier schuldig gemacht - und ein Mord werde nunmal mit lebenslanger Haft bestraft.

Bereits am vorigen Verhandlungstag am 16. April hatten Staatsanwältin Sarah Führer ("Ich bin mit dem Urteil sehr zufrieden") und Opferanwältin Franziska Hammer die Höchststrafe gefordert. Gestern waren zu Beginn des letzten Verhandlungstages die Verteidiger Dietmar Cyrus und Matthias Domsch an der Reihe - und die kamen zu einem anderen Schluss. Laut ihrer rechtlichen Bewertung liegt weder ein Mord noch ein Tötungsdelikt vor. Ihr Mandant habe sich lediglich einer Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. "Herr T. lebte bei seiner Freundin und musste dort keine Miete zahlen. Er hat keine nennenswerten Schulden", argumentierte Cyrus. Der 25-Jährige habe bei Minna R. lediglich das Telefon benutzen wollen, nachdem sein Handyakku leer war. Als dies verweigert wurde, sei er im Alkohol- und Drogenrausch durchgedreht.

"Er hat nicht erkannt, was er getan hat", sagte Cyrus. Der Entschluss, die Wohnung nach Wertgegenständen zu durchsuchen, sei spontan erfolgt. Als der Angeklagte mit 1100 Euro Beute die Wohnung verließ, habe Minna R. noch gelebt. Cyrus: "Er hat ein Schnarchen gehört und gedacht, es gehe ihr gut." Der Angeklagte habe "nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig gehandelt", ergänzte Domsch. Er forderte eine Haftstrafe von sechs Jahren.

Beide Verteidiger monierten zudem, dass Yasin T. aufgrund seines immensen Alkohol- und Drogengenusses vermindert schuldfähig gewesen sei. Das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Professor Dr. Arno Deister, der den 25-Jährigen als voll schuldfähig eingeschätzt hatte, sei falsch. Dies ließ der Vorsitzende Richter Eberhard Hülsing nicht gelten. "Nicht jedes Gutachten ist schlecht, weil einem das Ergebnis nicht passt." Die Sachkunde des Gutachters stehe ebenso außer Zweifel wie die Qualität der Expertise. Der Angeklagte habe vielmehr, getrieben von der Verteidigung, seine Einlassungen immer wieder geändert, um sie an die aktuelle Beweislage anzupassen. Die Schlussfolgerung, Minna R. gehe es gut, weil sie geschnarcht habe, bezeichnete Hülsing als "menschenverachtend". "Das kann auch ein Röcheln gewesen sein."

Cyrus und Domsch kündigten an, das Urteil in der Revision anfechten zu wollen. "Wir sehen gute Chancen, einen neuen Prozess zu erzwingen." Yasin T. sei nach dem Urteilsspruch am Boden zerstört. Domsch: "Er kann damit nicht umgehen, sein Leben ist zuende."

Für Monika H. und Jürgen R., die Kinder des Mordopfers, ist das harte Urteil eine Genugtuung. "Es bringt ihnen die Mutter nicht zurück, aber sie empfinden es als gerecht", berichtet Opferanwältin Franziska Hammer. Die langwierige Beweisaufnahme und die immer neuen Winkelzüge der Verteidigung sei für die Angehörigen immens belastend gewesen. "Jetzt kann für die sie die Aufarbeitung beginnen", sagt Hammer weiter.

Insbesondere Monika H., die in der Nähe von Elmshorn lebt, leidet noch ein Jahr später unter der brutalen Tat. Sie hatte die übel zugerichtete Leiche ihrer Mutter in der Wohnung entdeckt - und das schreckliche Bild lässt sie nicht mehr los. Die Tochter von Minna R. war bereits in ärztlicher Behandlung. In seinem letzten Wort hat sich der Angeklagte bei den Angehörigen entschuldigt. Eine Reue, die für die Betroffenen reine Taktik war.