Kunden sind vorsichtiger geworden, bleiben aber ihren Händlern treu. Zahl der Infizierten hat sich leicht erhöht

Kreis Pinneberg. Die Zahl der bestätigten EHEC-Fälle hat sich im Kreis Pinneberg nur leicht erhöht. Im Kreisgesundheitsamt waren bis gestern Abend acht Personen gemeldet, die sich definitiv mit dem Durchfall-Erreger infiziert haben. Drei von ihnen leiden zusätzlich unter dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS).

Diese Betroffenen erhalten eine Dialyse, nachdem die Bakterien ihre Nieren schwer geschädigt haben. Sie werden im Uniklinikum Eppendorf sowie im Krankenhaus Itzehoe behandelt. Von den fünf übrigen EHEC-Infizierten befinden sich vier im Klinikum Pinneberg, eine Person im Elmshorner Krankenhaus. Von den 23 Verdachtsfällen, für die eine endgültige Diagnose noch aussteht, sind 19 in Pinneberg und vier in Elmshorn in stationärer Behandlung.

Weiterhin suchen die Experten des Kreisgesundheitsamtes nach der Quelle des Erregers. Auch auf Wochenmärkten haben sie Proben genommen. Am Mittwoch waren die Marktbeschicker in Elmshorn zu Gast, wo sich die Kunden von der EHEC-Angst nicht die Freude am Einkauf vermiesen ließen.

Uwe Lüders, 43, Obsthändler aus Sestermühe, reicht einem Kunden Äpfel. "Heute hatte ich zwei Kunden, die verunsichert waren. Gemüsestände sind sicherlich mehr betroffen als unser Obststand." Er mache sich schon Gedanken, wo der Erreger herkommt. "Man vermutet den ja in Gülle. Aber auf reife Erdbeeren fahren wir keine Gülle. Da ich selber produziere, kann ich das Obst bedenkenlos verkaufen."

Am Bioland Gemüsestand Kölner-Hof wird gekauft, jedoch nicht probiert. "Wir geben gern Kostproben, wenn Kunden fragen, wie die Tomaten schmecken. Aber im Moment wollen sie das Gemüse vorher lieber waschen", sagt Verkäuferin Rebecca Voß, 36, aus Klein Nordende. Der Durchfall-Erreger hätte bisher keinen Einfluss auf das Geschäft am Stand.

Zwar laufe Kopfsalat schlechter als sonst. "Das kann aber auch daran liegen, dass die Kunden am Monatsende weniger Geld haben." Ihr Chef kenne seine Lieferanten. "Unsere Kunden können sich auf die gute Qualität verlassen", sagt Voß. Persönlich versuche sie, Hygieneregeln strenger zu befolgen, besonders bei ihren Kindern, 6, 7 und 10 Jahre alt. "In ihren Schulen und im Kindergarten sind keine Fälle bekannt."

Brigitta Henning, 76, aus Elmshorn kauft am Kölner-Hof-Stand. Aber nur Gemüse, was sie schälen und kochen kann. Gerade hat sie sich für Spargel entschieden, auf Erdbeeren allerdings verzichtet sie - aus Angst, sich anzustecken. "Ich bin vorsichtiger geworden. Leider weiß noch niemand genau, wo der Erreger herkommt. Er könnte auch in Rohmilch sein. Den Quark, den ich vor ein paar Tagen gekauft habe, werde ich wohl nicht essen."

Eine andere Kundin, Ina Lange, 69, aus Elmshorn, hat gerade Rhabarber, Kartoffeln und Salat gekauft. "Ich lasse mich nicht einschränken. Wir waschen alles gut ab." Svenja, 29, und Simon Andree, 32, schlendern mit ihrem Sohn Elias, 1, über den Markt. Die junge Familie verzichtet auf Erdbeeren. "EHEC soll ja vielleicht mit Tierkot übertragen werden." Selbst beim Spargel waren sie zunächst unsicher.

Am Gemüsestand von Familie Boltzen fragen die Kunden schon nach, haben aber Vertrauen. "Wir bieten nur Produkte aus der Region. Vieles bauen wir selber an", sagt Nicole Boltzen, 40. Statt Gülle werde Kunstdünger verwendet. Ihre Tochter Nina, 13, hat in der Philosophiestunde darüber gesprochen, wie man sich vor EHEC schützen kann. "Man soll die Hände regelmäßig waschen, Kontakt mit rohem Fleisch vermeiden, beim Grillen das Besteck wechseln", sagt die Schülerin. An der Jacob-Struve-Schule in Horst, auf die sie geht, gäbe es den ersten Krankheitsfall. "Ein Junge aus der Oberstufe liegt im Krankenhaus", sagt Nina.

In den Schulmensen wird unterschiedlich reagiert. In Tornesch hat der Mensa-Verein Salate und frisches Gemüse seit Mittwoch vom Speiseplan gestrichen. "Wir verwenden nur noch Tiefkühlgemüse", sagt Vereinschefin Dagmar Pfützner. Bis zu 800 von 1200 Schülern nutzen das tägliche Mittagsangebot. Auch in der Elmshorner Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule, wo die Dussmann-Gruppe für die Speisen zuständig ist, wird auf rohe Obst- und Gemüsesorten, die in Bodennähe wachsen, und Rohmilchprodukte verzichtet. "Mir macht die Situation Angst", sagt Andrea Ferber, Vorsitzende des Trägervereins der Mensa der Johann-Comenius-Gemeinschaftsschule in Pinneberg. Auch dort wird seit Donnerstag auf Salate udn rohes Gemüse verzichtet.