Stadtwerke nehmen im norddeutschen Raum Vorreiterrolle ein. Kunden zahlen keinen Cent dazu

Wedel. Öko-Gas - was beim ersten Hinhören nach Widerspruch in sich klingt, weil bei jeder Verbrennung das Treibhausgas Kohlendioxid entsteht, ergibt doch Sinn, wenn man Adam Krüppel zuhört. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Wedel wird zum Juli der Stadtwerke Öko-Gas einführen - und das im Netzgebiet des Unternehmens ohne zusätzliche Kosten für die Kunden. Nach eigenen Angaben nimmt der kommunale Energieversorger damit im norddeutschen Raum eine Vorreiterrolle ein. Das Prinzip ähnelt dem in der Luftfahrtbranche, wo man bei jedem Urlaubstrip eine bestimmte Summe zusätzlich für Klimaschutz-Projekte überweist. Die Stadtwerke Wedel verkaufen jährlich Erdgas für 150 Millionen Kilowattstunden an ihre Haushaltskunden. Dafür werden sie nun in den kommenden vier Jahren eine sechsstellige Summe für zwei von UN-Institution geprüfte Klimaschutzprojekte ausgeben.

Die Wedeler haben sich für das Zertifikatsprinzip entschieden

Das eine ist eine "Methangasvermeidungsanlage" in dem stillgelegten Kohlebergwerk Dortmund Dorstfeld-Diffus. Auch Jahre nachdem der letzte Steiger seine Hacke aus der Hand gelegt hat, tritt immer noch Grubengas aus. Es ist Methan, das den Treibhauseffekt vielfach stärker befördert als Kohlendioxid. Dieses Gas wird mittels spezieller Technik aufgefangen, verbrannt und dadurch für Stromerzeugung genutzt. Das zweite Projekt läuft in Ghana, wo höhere Einspareffekte mit weniger finanziellen Mitteln zu erreichen sind. Die Menschen dort kochen auch heutzutage noch über dem offenen Feuer oder mit traditionellen Holzöfen. Mit wenig Aufwand lässt sich die Ofentechnik derart verfeinern, dass weniger fossile Energieträger verfeuert werden müssen, um den gewünschten Effekt zu erzielen - der Ausstoß von Kohlendioxid wird verringert.

"Natürlich soll dieses Öko-Gas-Prinzip nicht den sparsamen Umgang mit dem Energieträger ersetzen", sagte Stadtwerke-Vertriebschef Marek Wilken. Energieversorger sind auf verschiedenen Wegen unterwegs, um Umweltbewusstsein zu zeigen Die Wedeler haben sich für das Zertifikats-Prinzip entschieden, statt Bio-Gas aus nachwachsenden Rohstoffen dem herkömmlichen Erdgas beizumischen. "Öko-Gas schützt die Umwelt nachhaltig, Biogasanlagen werden dagegen mittlerweile überwiegend mit Mais betrieben, was mehr und mehr zu einer Mais-Monokultivierung der Landschaft führt." Dadurch seien die Preise für Mais im vorigen Jahr um rund 100 Prozent gestiegen. Ähnlich sieht die Sache beim Getreide aus. "Energieerzeugung darf nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln stehen", sagte Geschäftsführer Krüppel.

Den Privatkunden in Wedel, Hetlingen, Haselau und Haseldorf, kostet diese nachhaltige Variante keinen Cent zusätzlich. "Das sparen wir auf anderen Gebieten, beispielsweise beim Einkauf, wieder ein", so Krüppel. Inwieweit auch Gewerbekunden, die noch einmal 140 Millionen Kilowattstunden pro Jahr abnehmen, künftig ebenfalls an der Regelung teilhaben, werde gerade geprüft.

Kunden der Stadtwerke außerhalb ihres Netzgebietes können ebenfalls Öko-Gas buchen, jedoch mit einem monatlichen Aufpreis von fünf Euro unabhängig von der Verbrauchsmenge. Selbst der Aufpreis schreckt nach Angaben des Unternehmens nicht ab.

"Etwa ein Drittel unserer Kunden der Marken wechselgas und wechselstrom hat die Umweltarife abgeschlossen", sagte Vertriebschef Wilken.

Die Stadtwerke Wedel sind nicht nur beim Gas, sondern ebenso beim Stromverkauf ökologisch ausgerichtet. Über "Rexx-Zertifikate" werden die Wedeler Strommengen unter anderem aus Wasserkraftwerken bezogen. Dadurch werden laut Stadtwerken pro Jahr rund 35 000 Tonnen Kohlendioxid rechnerisch nicht produziert.

CO2-Reduktion von mehr als 37 000 Tonnen im Jahr

Das neue Öko-Gas-Konzept führt zu einer weiteren CO2-Reduktion von mehr als 37 000 Tonnen im Jahr. Das entspricht in etwa dem Ausstoß, den Autos verursachen, wenn sie 173 Millionen Kilometerzurücklegen - konkret: wenn sie 4316 Mal um die Erde fahren.