In Uetersens Erlöserkirchengemeinde wird nach der Kinderpornoaffäre über ein Schutzkonzept diskutiert. Jugenddiakon angeklagt.

Kreis Pinneberg. In der Erlöserkirchengemeinde in Uetersen wird intensiv über ein neues Jugendschutzkonzept diskutiert. Die Debatte war ausgelöst worden, weil der Jugenddiakon Markus E., 26, angeklagt ist, 2700 Dateien mit kinderpornografischen Darstellungen über eine Internetbörse auf seinem Computer gespeichert und verbreitet zu haben. Der Diakon hatte kurz nach der Anklageerhebung seinen Arbeitgeber informiert und war sofort beurlaubt worden. Der Arbeitsvertrag wurde zum 1. Mai aufgelöst.

"Viele Eltern haben sich bedankt, dass wir sie in einem Brief noch vor der Veröffentlichung in der Presse über die Situation informiert haben", sagt Pastor Johannes Bornholdt. "Ich bin erleichtert, dass wir keinerlei Hinweise darauf bekommen haben, dass in Uetersen irgendetwas in diesem Zusammenhang passiert ist." Laut Hamburger Staatsanwaltschaft hatte Markus E. zwischen November 2007 und Mai 2008 sieben Mal die Internet-Tauschbörse genutzt. Sein Laptop war am 6. Juni 2010 beschlagnahmt worden. Es sollen ausschließlich Bilder von Jungen unter 14 Jahren gespeichert worden sein.

Die Kirchengemeinde hat laut Bornholdt Akteneinsicht beantragt. "Wir wollten sichergehen, dass es nicht doch Vorwürfe gibt, die sich auf die Uetersener Zeit beziehen." Der Anwalt des Angeklagten hat dem Antrag bislang nicht zugestimmt. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

Der Vorstand der Gemeinde hat sich am Dienstagabend dafür ausgesprochen, die Stelle des Jugenddiakons neu zu besetzen." Selbstverständlich erden wir in den Bewerbungsgesprächen auch das Thema ansprechen", berichtet Bornholdt. Vorgeschrieben ist ohnehin, dass bei Hauptamtlichen ein erweitertes Führungszeugnis angefordert wird. Ob dieses Zeugnis auch für ehrenamtliche Betreuer angefordert werden soll, ließ der Kirchenvorstand noch offen.

"Wir benötigen ja ehrenamtliche Unterstützer", sagt der Pastor. Die Vorschriften könnten mögliche Helfer verschrecken. Auch über eine freiwillige Selbstverpflichtung wurde diskutiert, aber noch nicht entschieden.

Um ein weitergehendes Kinderschutzkonzept zu erarbeiten, könnte Unterstützung aus der Nachbarstadt angefordert werden. Dort arbeiten seit mehr als 20 Jahren Psychologen, Sexualpädagogen und Sozialpädagogen unter dem Dach des Vereins Wendepunkt gegen den Missbrauch von Kindern.

Bereits zwischen 1997 und 2000 haben sie ein Modellprojekt entwickelt, wie Missbrauch in der Jugendarbeit möglichst im Vorwege verhindert werden kann. Aufgrund dieser Erfahrungen bietet Wendepunkt Kirche und allen anderen Organisationen und Institutionen Unterstützung an. Dirk Jacobsen, Psychologe und Leiter der drei Beratungsstellen, sagt: "Notwendig ist, dass sich Leiter und Mitarbeiter intern mit möglichem Fehlverhalten, Führungsstrukturen und den Umgang mit Macht auseinandersetzen." So könnte eine Risikoanalyse erstellt und darauf das Schutzkonzept gestaltet werden. Wichtig sei eine offene Gesprächskultur, um unangenehme und tabubesetzte Themen anzusprechen. Optimal sei es, Standards und Leitlinien fürs Verhalten von Betreuern und Jugendlichen zu entwickeln, verbindliche Regeln aufzustellen, um Kindern und Jugendlichen "ihr Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung" zu sichern und Beschwerdemöglichkeiten einzuräumen.

Auch für den Ernstfall stehen die Wendpunkt-Mitarbeiter mit Rat und Tat zur Seite Jeder Verein, jede Institution soll sich im Klaren sei, wie im Krisenfall gehandelt wird. Für eine sorgfältige Dokumentation solle sich jeder die Zeit nehmen. Genauso sorgfältig müsse vorgegangen werden, wenn ein Verdächtigter rehabilitiert werden müsse.