480 Mitarbeiter der Kreisverwaltung ziehen Ende September nach Elmshorn. Die Kreisstadt verliert an Kaufkraft - und die Geschäftsleute fürchten Umsatzeinbußen

Pinneberg. Lena Münch befürchtet Schlimmes. Seit 26 Jahren arbeitet sie im Zeitungs- und Zigarettenladen Karkowski am Fahltskamp in der Pinneberger Fußgängerzone. "Die Innenstadt stirbt aus." Dem Umzug der 480 Kreisverwaltungsmitarbeiter von Pinneberg nach Elmshorn, der für Ende September geplant ist, sieht die Verkäuferin mit großer Sorge entgegen.

Viele der Kreisverwaltungsmitarbeiter seien gute Kunden im Geschäft. "Und nicht nur die fallen künftig weg. Auch diejenigen, die bisher das Kreishaus für Anträge und Genehmigungen aufsuchen mussten, kommen nicht mehr in die City."

Lena Münch hofft, dass eine andere sinnvolle Verwendung für das Kreishaus gefunden wird. Aber im Zweifel "reißen die doch ab, oder es kommt noch ein weiteres Seniorenheim rein". Was tatsächlich aus dem Gebäude der Kreisverwaltung in der Moltkestraße wird, ist bis heute unklar.

Die Mitglieder der Wirtschaftsgemeinschaft Pinneberg standen dem Umzug der Kreisveraltung von Pinneberg nach Elmshorn von Anfang an skeptisch gegenüber. "Angeblich soll ja der Umzug günstiger sein als die Sanierung des Gebäudes", sagt Vorsitzender Holger Gieseler. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Innenstadt-Geschäfte ließen sich nur schwer ausgleichen. "Diese Kunden sind erst einmal weg und das werden alle zu spüren bekommen", sagt Gieseler. Schließlich würden die Mitarbeiter aus dem Kreishaus nach Feierabend oder in der Mittagspause einkaufen gehen - ob nun Lebensmittel, Klamotten oder Kosmetik.

Auch Katrin Kunstmann vom Mode- und Sporthaus Kunstmann bedauert den Weggang der Kreisverwaltung. Ob das Modehaus darunter leiden wird, kann sie noch nicht abschätzen. "Ich denke, dass es vor allem die Gastronomie treffen wird, wir profitieren von den Stammkunden, die auch zukünftig kommen werden", sagt Kunstmann.

Alle Hände voll zu tun haben derzeit Kerstin Schlüter und ihre Mitarbeiterin Ute Aeffner an ihrem Imbisswagen, mit dem sie dreimal die Woche in Pinneberg stehen. Die beiden Frauen gehen davon aus, dass es auch ohne die Kreishaus-Mitarbeiter genug Abnehmer für ihre Würstchen geben wird. Dennoch regt sie der Umzug mächtig auf. "Natürlich bekommen wir das alle zu spüren, die Einnahmen werden rückläufig sein", sagt Ute Aeffner.

Kerstin Schlüter ist der Meinung, dass die Politik jetzt nicht ausreichend handelt. "Statt neue Kunden in die Innenstadt zu locken, fallen nun auch noch 480 potenzielle Würstchen-Esser weg." Die 42-Jährige ist seit 18 Jahren in der Pinneberger City. Der Kreishaus-Umzug bereitet ihr Kummer. "Die Mitarbeiter werden uns fehlen, man kennt sich ja auch mittlerweile."

Torsten Glindmeyer hat noch Hoffnung, dass neue Menschen in das bisherige Kreishaus einziehen werden. "Wer weiß, vielleicht wird die neue Verwendung des Gebäudes besser als vorher und die Innenstadt dadurch belebter", sagt Glindmeyer. Für sein Modehaus fürchtet er keine Einbußen.

Mit Verlusten rechnet dagegen Sören Pinzer, der seit über 20 Jahren mit seinem Imbissstand auf den Pinneberger Wochenmarkt kommt. Dort erledigen die Verwaltungsmitarbeiter ihre Einkäufe und essen bei ihm. "Natürlich werden uns diese Kunden sehr fehlen, aber ändern können wir es nicht."

Ebenfalls eine beliebte Anlaufstelle in der Mittagspause ist bisher die Eisdiele von Afrim Krasniqi. Er kennt seine Kunden aus der Verwaltung und wird sie vermissen. Sorgen um finanzielle Einbußen macht er sich nicht: "Meine Eisdiele ist immer gut besucht", sagt der 28-Jährige.

Die Bäckerei Dwenger hat gerade die Schwierigkeiten durch die einjährige Bauphase in der Fußgängerzone überwunden, da kommt mit dem Umzug der Kreis-Mitarbeiter die nächste Hürde. "Jammern hilft nicht", sagt Chef Jörn Dwenger. "Wir schauen dem Umzug mit einem weinenden Auge entgegen, aber ängstlich sind wir deswegen nicht." Statt nach der Hiobsbotschaft zu resignieren, gibt sich die Bäckerei kämpferisch und wirbt mit vielen Aktionen um neue Kunden. "Wir hoffen, dass wir so den Verlust ausgleichen können", sagt Teamchefin Jennifer Rahardjo. Zusammen mit der Fahlt-Apotheke, Fielmann und Karkowski sind weitere Aktionen geplant, um die Innenstadt zu beleben. "Der Zusammenhalt der Pinneberger Geschäfte ist groß, keiner will, dass die Fußgängerzone ausstirbt", sagt Jennifer Rahardjo.