Im Prozess vor dem Landgericht werfen Oliver und Rene B. ihren Opfern vor, sie angegriffen zu haben. Richter müssen erforschen, wer den Streit begonnen hat

Elmshorn/Itzehoe. Im Prozess um die Messerattacke vor der Elmshorner Gaststätte "Cult" haben die beiden angeklagten Brüder am gestrigen zweiten Prozesstag ein Geständnis abgelegt. Allerdings decken sich ihre Aussagen vor dem Landgericht Itzehoe nicht mit denen ihrer Opfer. Während die Angeklagten Oliver und Rene B. angaben, zuerst geschlagen worden zu sein und sich in der Folge gewehrt zu haben, stritten die beiden Verletzten Alexander und Juri W. vehement ab, dass es aus ihrer Gruppe heraus zu gewaltsamen Attacken gekommen ist. Damit bleibt offen, was sich genau gegen 6.15 Uhr am Morgen des 7. November 2010 vor der Kneipe abgespielt hat.

Oliver und Rene B. sagten nicht selbst aus, sondern ließen durch ihre Verteidiger jeweils eine Erklärung verlesen. Demnach hielt sich Oliver B. im "Cult" auf, während sein jüngerer Bruder Rene und der stadtbekannte Punk Andreas F. vor der Kneipe standen. Rene B. ging dann hinein, um seinen Bruder - beide hatten Alkohol konsumiert, Rene B. auch Kokain genommen - zu holen. Beim Herauskommen sei er durch eine Gruppe gegangen, von einem Mitglied, das ihn kannte, "angemacht" und ins Gesicht geschlagen worden. Daraufhin habe Oliver B. dem Angreifer einen Faustschlag verpasst, sodass dieser zu Boden ging.

Dann sei eine weitere Person auf Oliver B. zugestürmt. Rene B. gab an, sich dieser in den Weg gestellt zu haben. "Ich habe ein Messer gezogen und es vor mich gehalten, um mich zu verteidigen", so Rene B. in der Erklärung. Er habe auch einmal in Richtung der Person zugestochen, jedoch nicht gezielt. "Ich wusste nicht, wo ich ihn getroffen habe." Dass der Stich so schlimme Folgen gehabt habe, tue ihm leid.

Die beiden Opfer Juri W. - er wurde durch den Faustschlag niedergestreckt - und Alexander W., der durch den Messerstich ins Herz lebensgefährliche Verletzungen erlitt, stellten den Sachverhalt anders dar. Die Brüder schilderten, dass sie zunächst zu viert zu Hause eine Flasche Wodka und mehrere Biere geleert hatten. Dann seien sie - mittlerweile zu dritt - zu einer Tankstelle gegangen, wo sie eine weitere Flasche Wodka gekauft und geleert hätten. Nächste Station sei das "Cult" gewesen, wo es ihnen jedoch zu voll gewesen sei.

"Ich habe daraufhin gesagt, lass uns umdrehen und wieder nach Hause gehen", berichtete Juri W., 31. Er sei total betrunken gewesen und habe nur auf den Boden geguckt. "Plötzlich habe ich einen Schlag auf den Kopf bekommen und bin zu Boden gegangen. Mehr weiß ich nicht." Juri W. schloss jedoch aus, dass es zuvor aus seiner Dreier-Gruppe heraus zu Provokationen gekommen sei. "Das war definitiv nicht so, wir haben da nichts gemacht."

Auch sein Bruder Alexander, 27, gab an, er habe keine Erklärung, warum es zur Eskalation gekommen sei. "Wir haben keinen angegriffen, keiner von uns hat jemanden geschlagen." Alexander W. berichtete, er sei einige Meter hinter seinem Bruder und dem Freund gegangen und habe sich kurz umgedreht, vermutlich, um eine Zigarette anzuzünden. Er habe Stimmen gehört, es habe für ihn nicht nach einem Streit geklungen.

Als er sich wieder umdrehte, habe er mitbekommen, wie sein Bruder niedergestreckt wurde. "Ich bin auf den Angreifer zugelaufen und wollte ihn schlagen." Er sei dort nicht angekommen, sondern niedergestochen worden. "Das Messer habe ich erst später gesehen." Zunächst sei er nicht von einer schweren Verletzung ausgegangen, dann zusammengebrochen und später im Krankenhaus aufgewacht. Der Stich habe eine Herzklappe verletzt und ihn auch psychisch schwer geschädigt.

Der Prozess wird Ende Mai mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.