Vor dem Landgericht Itzehoe muss sich Rene B. aus Elmshorn verantworten, der im November einen Kontrahenten niederstach.

Elmshorn/Itzehoe. In Handschellen wird Rene B. am Montagvormittag in den Gerichtssaal des Landgerichts Itzehoe geführt. Dort begrüßt der 23-Jährige kurz seinen sechs Jahre älteren Bruder Oliver. Dann nehmen die Geschwister Platz - und zwar auf der Anklagebank.

Staatsanwalt Joachim Bestmann wirft den Elmshornern vor, für einen Vorfall vor der Kneipe "Cult" am Wedenkamp vom 7. November vorigen Jahres verantwortlich zu sein. Rene B. soll laut Anklageschrift "versucht haben, einen Menschen zu töten, ohne Mörder zu sein". Im Klartext heißt das versuchter Totschlag. Er habe zumindest das Ableben seines Opfers "billigend in Kauf genommen". Sein Bruder Oliver muss sich wegen Körperverletzung verantworten.

Diese Körperverletzung war laut Anklage der Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung, die Alexander W. um ein Haar das Leben gekostet hätte. Alexander W. hielt sich am frühen Morgen des 7. November zusammen mit seinem Bruder Juri vor dem "Cult" auf. Zu ihrer Gruppe gehörte auch der stadtbekannte Elmshorner Punk Andreas F.. Laut Anklageschrift trat der Angeklagte Oliver B. gegen 6.15 Uhr auf Juri W. zu und versetzte diesem ohne Vorwarnung einen derart heftigen Schlag ins Gesicht, dass dieser bewusstlos zu Boden sackte und dort liegen blieb. Daraufhin wollte Alexander W., der etwas abseits stand, seinem Bruder zu Hilfe kommen.

Bevor er diesen erreichte, versetzte ihm laut Anklage Rene B. ohne Vorwarnung einen Messerstich in den Oberkörper. Die Klinge traf auf die rechte Herzkammer von Alexander W. und verletzte diese. Das Opfer konnte sich noch kurze Zeit auf den Beinen halten, fiel dann jedoch zu Boden und war in der Folgezeit nicht mehr ansprechbar. Zudem blutete es stark aus der Wunde im Oberkörper.

Alexander W. wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, wo ihm eine Notoperation das Leben rettete. Die beiden Angeklagten hatten sofort nach dem Messerstich die Flucht ergriffen. Sie konnten jedoch von der Mordkommission schnell ermittelt und festgenommen werden. Gegen Rene B. wurde Haftbefehl erlassen. Eine Haftbeschwerde seines Verteidigers Tim Burkert noch vor Prozessbeginn hatte keinen Erfolg, der 23-Jährige blieb hinter Gittern.

Zum gestrigen Prozessauftakt wurde nur die Anklageschrift verlesen. Das Verfahren wird am Donnerstag fortgesetzt. Dann sollen fünf Zeugen gehört werden, darunter die beiden Opfer. Zu Beginn haben die Angeklagten Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Beide haben ihre Aussagebereitschaft signalisiert. Rene B. hatte bisher angegeben, nicht bewusst zugestochen zu haben. Vielmehr sei ihm das Opfer regelrecht ins Messer gelaufen.

Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts hat insgesamt sechs Verhandlungstage anberaumt. Der letzte ist für den 20. Juni vorgesehen. Laut dem vorläufigen Plan des Gerichts sollen zwölf Zeugen sowie ein Rechtsmediziner, der zu der Schwere der Stichverletzung aussagen soll, gehört werden.

"Mein Mandant hat wie durch ein Wunder überlebt", sagt der Elmshorner Rechtsanwalt Christoph Heer. Er vertritt den niedergestochenen Alexander W. und auch dessen Bruder. "Alexander W. hat bleibende Schäden davongetragen", berichtet Heer am Rande des Prozesses. So arbeite eine Herzklappe nicht mehr richtig, sein Mandant werde vermutlich zeitlebens unter einer Herzschwäche zu leiden haben.

Aufgrund der Schwere der Verletzungsfolgen muss Messerstecher Rene B. mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen, eine Bewährung scheint ausgeschlossen. Anders sieht das bei seinem älteren Bruder Oliver aus. Er ist lediglich wegen einer einfachen Körperverletzung angeklagt und könnte auch mit einer Geldstrafe davonkommen.