Anwohner des Quickborner Agnes-Miegel-Wegs fordern Umbenennung in Astrid Lindgren-Weg

Quickborn. In Quickborn ist ein Streit zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft entbrannt, ob und wann eine Straße umgetauft werden soll, die nach einer Propagandistin des Nazi-Regimes benannt ist. Ein Quickborner Bürger hatte Anfang des Jahres die Stadtverwaltung darauf aufmerksam gemacht, dass der Agnes-Miegel-Weg eine Frau ehrt, die eine braune Vergangenheit hat. Die Anwohner der Straße haben der Stadt bereits vorgeschlagen, wie ihre Straße stattdessen heißen soll, nämlich Astrid-Lindgren-Weg. Doch das geht der Verwaltung zu schnell.

Er werde die "Änderung des Straßennamens erst zum 30. Juni 2012 der Politik vorschlagen, damit alte Briefbögen noch aufgebraucht werden können", teilte nun Bürgermeister Thomas Köppl den betroffenen Haushalten mit.

Dieses Argument sei "doch absolut lächerlich", wundert sich Anwohner Lars Odefay. Wenn, dann sollte die Umbenennung schnell über die Bühne gehen. "Wir sind uns auch alle einig in der Straße, wie sie künftig heißen soll", weist Odefay auf die Unterschriftenliste hin, bei der sich 25 von 30 Erwachsenen für Astrid Lindgren aussprachen.

Auch die Politik dringt auf schnelles Handeln. "Wir werden dieses Thema während der nächsten Sitzung des Kulturausschusses behandeln", kündigt SPD-Fraktionschef Jens-Olaf Nuckel an. "Dieser historische Fauxpas muss korrigiert werden. Und das muss jetzt geschehen, nicht erst in zwei Jahren." Dieser Ansicht ist auch Wir-Vorsitzender Bernd Gronewaldt. "Der Straßenname muss sofort geändert werden."

Beide Politiker weisen darauf hin, dass vor drei Jahren, als der westliche Teil der Feldbehnstraße in "Am Freibad" umbenannt worden ist, das Argument der Kaufleute aus der Klöngasse, sie müssten jetzt plötzlich all ihre Briefbögen und Adressenlisten umschreiben, was erhebliche Kosten verursache, von der Verwaltung vom Tisch gewischt wurde. Diese Fälle seien nicht zu vergleichen, findet Köppl. "Seinerzeit ging es um Verkehrssicherheit." Es hätte sonst zu Problemen beim Rettungsdienst kommen können, weil der Bahnübergang an der Feldbehnstraße geschlossen wurde. Im Notfall wären womöglich wichtige Minuten verloren gegangen, wenn der Rettungsdienst von der falschen Seite in die Feldbehnstraße gefahren wäre. Jetzt bestehe nicht diese Eile, findet Köppl. "Agnes Miegel war ja keine Kriegsverbrecherin. Aber entscheiden muss das die Politik."

Das sieht Nuckel anders. Beim Freibad seien viel mehr Bürger negativ betroffen gewesen. Die Sache dulde jetzt keinen Aufschub. Gerade sei die neue Sporthalle am Mühlenberg nach einer verdienten jüdischen Sportlerin benannt worden. Da gehöre es sich nicht, gleichzeitig einer NS-Dichterin in der Stadt zu gedenken.

Den braunen Stein ins Rollen brachte im Februar der Quickborner Henry Mundhenk. Im Freundeskreis sei das Gespräch auf diese Straße gekommen. Daraufhin habe er die Stadtverwaltung per Mail darauf hingewiesen, dass landauf und -ab etliche Städte dabei seien, ihre Schulen und Straßen, die sie nach dieser ostpreußischen Dichterin benannt hatten, wieder umzubenennen.

Die erste Antwort aus dem Rathaus blieb vage. Doch vier Wochen später bekam er die Rückmeldung, dass seine Eingabe gut und richtig sei und die Straße noch in diesem Jahr einen anderen Namen erhalten solle. Doch nun hörte er, dass es doch zwei Jahre dauern solle. Ein Anlieger soll sich dagegen ausgesprochen haben. "Das darf es doch nicht sein", wundert sich Mundhenk.

Tatsächlich hätte die Straße in dem Quickborner Neubaugebiet schon vor zehn Jahren nicht diesen anrüchigen Namen erhalten dürfen, wie Eckhard Schramm erzählt. Der Quickborner Unternehmer war 1969 Leiter der Schülerzeitung einer Oberschule in Bad Nenndorf , wo der Dichterin sogar eine Gedenkstätte gewidmet ist. "Wir haben uns damals erfolgreich dagegen gewehrt, dass unser Gymnasium in Agnes-Miegel-Schule umbenannt wird. Das gab eine unheimliche Resonanz."

Inzwischen sind Straßen und Schulen in Düsseldorf, Osnabrück und Wilhelmshaven, die einst den Namen dieser Dichterin trugen, wieder umbenannt worden. In Willich heißt sie jetzt Astrid-Lindgren-Schule. Genauso wie die Quickborner Anwohner ihre Straße jetzt taufen wollen.