Ausgebüxter Stubentiger findet im DRK-Heim neues Zuhause. Besitzer zeigt sich großzügig

Rellingen/Pinneberg. Keine Frage: Der Typ vor dem Eingang mit seinem struppigen Fell und dem abgemagerten Körper sah ziemlich heruntergekommen aus. "Doch der rabenschwarze Kater miaute so kläglich, dass ich ihn spontan hereingebeten habe", sagt Jörg Bock, Pflegedienstleiter im Rellinger Seniorenwohnsitz des Deutschen Roten Kreuzes. Eine folgenschwere Entscheidung! Denn seitdem lebt im komfortablen DRK-Heim am Oberen Ehmschen neben 126 Bewohnern auch jener zugelaufene Stubentiger.

Als der zunächst noch namenlose Kater im vergangenen Jahr bei den Senioren anheuerte, war es Mitte September. Und der Hunger des Streuners muss gewaltig gewesen sein. Zunächst marschierte der Kater - offenbar den Gerüchen folgend - zielstrebig in Richtung Küche.

Nachdem er dort wieder hinauskomplimentiert worden war, gab er sich sogar mit Hundefutter zufrieden. "Auf Katerbesuche waren wir nicht vorbereitet. Deshalb musste unser Besucher zunächst mit ein paar Leckerlis vorlieb nehmen, die wir für unsere beiden Therapiehunde immer vorrätig haben", sagt Ilona Gürbig, Leiterin des Wohnsitzes. Die beliebten Besuchshunde sind regelmäßig zu Gast, um den Senioren Abwechslung zu verschaffen.

Doch der Neuzugang hat erst recht nicht unter zu wenigen Streicheleinheiten zu leiden. "Der Kater ist so beliebt, dass einige Bewohner, die wochenlang nicht mehr aus ihren Räumen gekommen waren, jetzt wieder dabei sind, um mit ihm zu spielen", sagt Ilona Gürbig.

Treffpunkt ist meistens der Wintergarten, gleich neben dem Eingang. "Das ist so schön, den kleinen Kerl auf dem Schoß zu haben und ein bisschen zu streicheln", sagt Ingeborg Prüß. Die 88-jährige hat, wie viele Mitbewohner, schnell Freundschaft mit dem Tier geschlossen. Der verglaste Bereich ist längst zum Hauptquartier des maunzenden Mitbewohners geworden. Dort steht nämlich ein Kletterbaum, spendiert vom Pinneberger "Futterhaus". Ganz oben ist ein kuschelig ausgepolstertes Körbchen angebracht, in dem es sich der schwarze Klettermaxe gemütlich macht.

Klettermaxe? Von wegen! Der richtige Name des zugelaufenen Katers lautet Question, was nichts anderes als Frage heißt. Woher Ilona Gürbig das weiß? Bei einem Tierarztbesuch stellte sich heraus, dass Question "verchipt" ist. Unter der Haut trägt er einen Mini-Transponder mit einer Registriernummer. Per Lesegerät wurden die Daten in der Praxis entziffert und der Eigentümer ermittelt.

Und der ist kein anderer als Peter Schattenfroh, in Pinneberg gut bekannt als Betreiber des Wasserski- und Wakeboard-Anlage im ehemaligen Freibad an der Burmeisterallee.

Von dort, wo Schattenfroh auch wohnt, war Question ausgebüxt. Bereits am 1. September hatte sein Besitzer den Flüchtling als vermisst gemeldet. Question, der per Katzenklappe kommen und gehen konnte, wie er wollte, war schon häufiger ein paar Tage weggeblieben. Doch diesmal kam er nicht zurück. Katerfreund Schattenfroh weiß auch, warum. Zwei neue junge Kater waren hinzugekommen. Das war für Question zuviel der Katerstimmung. Im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder Felix, der mehr Nervenstärke hat, suchte er sein Heil in der Flucht.

Einen Tag vor Heiligabend sah Schattenfroh dann seinen Ausreißer wieder. Im Seniorenwohnsitz war zunächst die Sorge groß, dass Question von seinem Eigentümer zurückgefordert werden würde. Doch davon ist keine Rede. "Question würde nur erneut weglaufen", sagt der Kater-Fachmann. Deshalb übergab er nun auch den Haustierpass des Katers dem Seniorenwohnsitz. Nun soll Question mit Chip und Pass auf die neuen Besitzer umgeschrieben werden.

Bleibt die Frage warum, Question bisher Question heißt. "Weil eine angeborene Missbildung seinen Katerschwanz wie ein Fragezeichen aussehen lässt", sagt Schattenfroh schmunzelnd.

Weil aber Question so schwer auszusprechen ist, wollen die Senioren per Wettbewerb bald einen neuen Namen für ihren geliebten Kater finden.