In einem landesweiten Pilotprojekt an der Quickborner Comeniusschule werden 20 Problemschüler ganz individuell gefördert. Projekt startet nach den Sommerferien.

Quickborn. In Quickborn startet nach den Sommerferien Ende August ein landesweites Pilotprojekt. Die neue Comeniusschule, die aus der Erich-Kästner-Haupt- und der Heinrich-Hertz-Realschule gebildet wird, will mit einer in Schleswig-Holstein bislang völlig neuen Art des Lernens die Zahl der Schulabbrecher drastisch senken. "Produktives Lernen" heißt das Konzept, das in Berlin und den neuen Bundesländern seit Jahren gute Erfolge erzielt. Statt des Unterrichts machen die Problemschüler ein ständiges Berufspraktikum in einem örtlichen Betrieb und erhalten eine theoretische Aufbereitung des Gelernten am eigenen Schreibtisch mit PC-Arbeitsplatz in der Schule. Normalen Unterricht gibt es für diese Gruppe nicht mehr, erklärt Schulleiter Andreas Kelber das neue Modell. Möglich macht diese neue Art des schulischen Lernens das landesweite Programm der "flexiblen Ausgangsphase", erläutert Kelber. So können die Haupt- und Realschüler und künftigen Regionalschüler ihren Abschluss um ein Jahr hinausschieben. Damit soll die steigende Zahl derjenigen, die ohne einen Abschluss die Schule verlassen und dann auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance haben, verringert werden.

Das Konzept des Produktiven Lernens geht aber noch darüber hinaus. "Wir wollen damit jene Schüler ansprechen, die null Bock mehr auf Schule haben", erklärt Lehrerin Ines Bondieck. Für diese frustrierten Schüler sei "Schule eine Qual". Im Grunde seien sie intelligent genug, den Schulabschluss zu schaffen. Aber ihnen fehle es an jeder Motivation, für die Schule zu lernen, Hausaufgaben zu machen, sich auf Arbeiten vorzubereiten. "Für diese Schüler müssen wir eine Lösung finden."

Und so ist die Quickborner Schule auf das Modell gestoßen, das in Berliner Problemvierteln die qualifizierten Schulabschlüsse nach oben katapultiert hat (siehe Infokasten). "Wir wollen drei Viertel unserer Null-Bock-Schüler zum Schulabschluss bringen", gibt Schulleiter Kelber das ehrgeizige Ziel vor.

Geplant ist, noch vor den Sommerferien 20 dieser Schüler in seinem sechswöchigen Auswahlverfahren mit zweiwöchigem Praktikum auszuwählen, erläutert Lehrerin Merle Hauß. Ende August geht es dann richtig los: Drei Tage in der Woche machen die Schüler ein Berufspraktikum, die beiden anderen Tage gehen sie in die Schule, wo sie unter Aufsicht das praktisch Gelernte in der "Lern-Werkstatt" theoretisch aufbereiten. "Die Schüler verstehen zum Beispiel nicht, warum sie im Leben Mathe brauchen, die Prozentrechnung oder den Dreisatz beherrschen sollten", erklärt Ines Bondieck. Im Betrieb werden sie schnell merken, wie wichtig diese Dinge sind. Zudem werde das praktische Arbeiten, bei dem viele dieser Schüler sehr geschickt seien, helfen, lernfreudiger zu sein, betont sie.

Geplant ist, dass die Schüler ab der achten Klasse im Laufe eines Schuljahres drei Praktika über jeweils drei Monate besuchen. Das wären für die letzten zwei bis drei Schuljahre insgesamt bis zu neun Praktikumsplätze. Somit müssten mindestens 20 Unternehmen mitspielen und Berufspraktika für diese Schüler anbieten, hofft Schulleiter Kelber auf Unterstützung. Auch Sponsoren würden gesucht, um die Kosten von 12 000 Euro im Jahr zu tragen. Denn Schüler und Lehrer werden auch von auswärtigen Experten gecoacht. Die Stadt Quickborn sorge für die Erstausstattung mit Computern, kündigt Fachbereichsleiter Burkhard Arndt an. Kelber: "Wir können es uns nicht mehr leisten, dass diese Schüler scheitern, nur weil sie mit dem herkömmlichen Unterricht nicht zurecht kommen."

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