Die wichtigste Maschine der Tunnelbauer für das künftige Forschungszentrum in Schenefeld ist startklar. Ab Juli wird gebohrt.

Schenefeld. Der Bohrwurm kommt! Mitte Mai wird die erste von zwei riesigen Schildvortriebsmaschinen die Baugrube für den European XFEL-Röntgenlaser in Schenefeld erreichen. Der 550 Tonnen schwere Koloss wurde von der Herrenknecht AG in Schwanau (Baden-Württemberg), dem weltweit größten Spezialisten für Tunnelbohrtechnik, hergestellt. Das Großgerät gelangt allerdings nicht in einem Stück an seinen künftigen Einsatzort. Zerlegt in fünf Teile wurde der Riesenbohrer auf einem Binnenschiff zunächst bis in den Hamburger Hafen transportiert. Von dort karren Tieflader die Einzelteile nachts in mehreren Fuhren nach Schenefeld. Allein der Bohrkopf wiegt 320 Tonnen. Auf der Baustelle für das künftige internationale Forschungszentrum wird der Apparat im Startschacht wieder zusammengebaut.

5,8 Kilometer langes Tunnelsystem bis zum Forschungszentrum Desy

Voraussichtlich Anfang Juli soll nach Angaben von XFEL-Sprecherin Petra Folkerts zunächst mit dem Bohren der beiden Verzweigungstunnel zwischen Schenefeld und Osdorfer Born begonnen werden. Danach stellt die Schildvortriebsmaschine den sich anschließenden 2,1 Kilometer langen Tunnel für den Linearbeschleuniger her, der bis zum Desy-Gelände in Hamburg-Bahrenfeld führt. Das gesamte Tunnelsystem erreicht eine Länge von 5,8 Kilometern.

Bis es soweit ist, werden auch die 61 Meter langen Teile des sogenannten Nachläufers auf der Großbaustelle an der Schenefelder Holzkoppel eingetroffen und montiert worden sein. Der Nachläufer dient dazu, die vorgefertigten Tunnelsegmente, von Fachleuten als Tübbings bezeichnet, bis dicht an das Schildvortriebsgerät heranzuführen.

Röhren verlaufen bis zu 38 Meter tief direkt durchs Grundwasser

Einen Weg zurück im Tunnel gibt es nicht für die gigantische Bohrmaschine. Wenn ein Schachtende erreicht ist, muss das Vortriebsgerät mit einem Außendurchmesser von 6,17 Meter für weitere Touren oberirdisch zum Startschacht transportiert werden. Das Schildvortriebsverfahren ist seit Jahrzehnten bewährt, zum Beispiel beim Bau der vierten Elbtunnelröhre und der Hafen-City-Bahn.

Der Kopf der Tunnelbohrmaschine kratzt ein Schneidrad Erdreich und Steine ab, die durch den gebohrten Teil des Tunnels an die Erdoberfläche befördert werden. Unmittelbar hinter der Bohrmaschine wird der Tunnel mit Betonelementen wasserdicht ausgekleidet.

Das ist im Falle des Schenefelder Bauvorhabens besonders wichtig, weil ein großer Teil des Tunnelsystems in bis zu 38 Meter Tiefe direkt durch das Grundwasser verläuft. Damit genau entlang der geplanten Achse gebohrt werden kann, wird die Vortriebsmaschine lasergeführt und computerunterstützt gesteuert.

Voraussichtlich im September soll eine zweite, etwas kleinere Schildvortriebsmaschine (Außendurchmesser 5,48 Meter) auf der Schenefelder Baustelle den Betrieb aufnehmen. Dieses Gerät dient dazu, die fünf Fächertunnel zu bohren, die in die riesige unterirdische Experimentierhalle des künftigen Forschungszentrums einmünden.

Insgesamt werden sich die Tunnelarbeiten der beiden "Maulwürfe" bis ins Jahr 2012 hinziehen. Danach erfolgt die Errichtung der oberirdischen Gebäude auf dem 15 Hektar großen Baugelände. Mit der Betriebsaufnahme in Schenefeld wird nach dem jetzigen Planungsstand im August 2014 gerechnet.

Für den Bau und Betrieb des European XFEL-Röntgenlasers wurde eine eigenständige Forschungsorganisation gegründet. An dem Projekt sind derzeit zwölf Länder beteiligt. Neben Deutschland gehören zahlreiche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie Russland dazu. China plant den Beitritt.

Die Baukosten für die Anlage belaufen sich einschließlich der Betriebsaufnahme nach derzeitigen Schätzungen auf etwas mehr als eine Milliarde Euro. Mit dem Beginn des Forschungsbetriebs werden in Schenefeld künftig Wissenschaftlerteams aus aller Welt ihre Experimente betreiben.