Tangstedt. Mathias Busch hat den Reiterhof nach Erkenntnissen moderner Standards der Tierhaltung erneuert – und setzt auf Nachhaltigkeit.

Vor gut einem Jahr betrieb Mathias Busch im Hamburger Hafen noch einen Onlinehandel. Dann kaufte er Gut Tangstedt – und arbeitet heute zwischen Koppeln, Reithallen und edlen Pferden.

So richtig fällt das schlichte Büro-Häuschen zwischen den weiten Koppeln, eleganten Wegen, lichtdurchfluteten Ställen mit Platz für rund 150 Pferde und den riesigen Reithallen gar nicht auf. Graue Ohrensessel von Ikea, ein kleiner Konferenztisch, zwei Schreibtische und eine richtig gute Kaffeemaschine; mehr braucht Mathias Busch nicht, um den Laden zu steuern

Serie Boxenstopp: Eigentümer Mathias Busch liebt die Natur und Pferde

„Ich liebe die Natur, bin gerne von Pferden umgeben, aber ich bin kein Reiter und habe mein Hobby auch nicht zum Beruf gemacht“, stellt er gleich klar. Damit ist er jedoch kein Fremdkörper im eigenen Unternehmen.

Im Gegenteil. Der 55 Jahre alte Betriebswirt macht einfach das, was er am besten kann: realistisch die Zahlen im Blick haben, Qualität vor Quantität stellen, transparent kommunizieren, Marketing. Für den Job mit den Pferden ist Henrike Reiter (35) zuständig.

Der Reiterhof ist seit Herbst 2022 ein Ausbildungsbetrieb

Die Pferdewirtin brennt für ihre neue Aufgabe, zu der neben einem wertschätzenden und respektvollen Umgang mit Mensch und Tier auch gehört, dass das künftige Personal zum Teil selber ausgebildet – und die Ausbilderin Antje Busch-Petersen bei ihrer Arbeit unterstützt wird.

Denn auch das ist neu: Gut Tangstedt ist nicht nur ein Paradies für Pferde, sondern seit Herbst 2022 auch ein von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein anerkannter Ausbildungsbetrieb für Pferdewirtinnen und Pferdewirte mit dem Schwerpunkt Haltung und Service. Die Ausbildung dauert drei Jahre, so dass in Zukunft immer drei Auszubildende auf dem Hof sein werden.

Künftig werden immer drei Auszubildende auf dem Reiterhof sein

„Das ist die einzige Möglichkeit, wirklich guten Nachwuchs zu finden“, sagt Mathias Busch. Was die Menschen auf dem Gut betrifft, will er das Rad nicht neu erfinden, sondern versucht, alle mit ins Boot zu holen und mit im Boot zu behalten. Und doch setzt er in groß gedachten Maßen auf Veränderung.

Kommunikation, die gelingt: Einstellerin Anja Schlaack, Gutsbesitzer Mathias Busch und Pferdewirtin Henrike Reiter (von links) am Tisch. Auf der Wiese: Oldenburger-Wallach Wyperfeld und Hund Wilma
Kommunikation, die gelingt: Einstellerin Anja Schlaack, Gutsbesitzer Mathias Busch und Pferdewirtin Henrike Reiter (von links) am Tisch. Auf der Wiese: Oldenburger-Wallach Wyperfeld und Hund Wilma © Tanja Breukelchen

„Mit fast 100 Hektar eigenem Land und weiteren 100 Hektar zusätzlich gepachtetem Land ist Gut Tangstedt ein landwirtschaftlicher Betrieb mit dem Schwerpunkt Reitbetrieb. Das bedeutet, dass wir einen Großteil des Futters selbst herstellen, die Böden bearbeiten. Daran wird sich auch nichts ändern. Aber wir wollen uns weiterentwickeln, mit der Zeit gehen – und das so bodenständig und naturnah wie nur möglich.“

Schwerpunkt Nachhaltigkeit in Form von erneuerbaren Energien

Neben der Landwirtschaft mit dem Reitbetrieb als Schwerpunkt geht es dem Vater von vier Kindern zwischen 14 und 21 Jahren dabei vor allem um das Thema Nachhaltigkeit, unter anderem in Form von erneuerbaren Energien. Nachdem er zuerst einmal die Reitböden und die Stallungen entsprechend moderner Standards der Tierhaltung erneuern ließ, wurde im Frühjahr dieses Jahres eine erste Photovoltaik-Anlage zur Deckung des Eigenbedarfs errichtet.

Für weitere Anlagen für Frei- und Dachflächen-PV, bei denen der Strom ins Netz eingespeist werden soll, wurde mit der Gemeinde Tangstedt ein B-Plan-Verfahren eingeleitet. Eine angedachte Kompakt-Biogasanlage für Pferdemist befindet sich in der Vorplanung.

Gemeinde Tangstedt ist begeisterungsfähig und eine große Hilfe

Bei all dem sei die Gemeinde Tangstedt begeisterungsfähig und eine große Hilfe, betont Busch. „Das Problem sind die unzähligen Gesetze, die alle noch aus der fossilen Zeit stammen und jedem Fortschritt im Wege stehen.“

Doch Mathias Busch bleibt dran – und plant behutsam und durchdacht weiter. So möchte er mittelfristig mit dem alten Torhaus und dem Kavaliershaus am See zwei historische Gebäude wieder aufbauen, um darin Ferienwohnungen, vielleicht noch einen kleinen Biergarten und Veranstaltungsräume, die dann auch die Gemeinde, Vereine und Bürgerinnen und Bürger nutzen können, zu errichten.

Landwirtschaft und Reitbetrieb bleiben Kern von Gut Tangstedt

„Bei all diesen Überlegungen geht es mir darum, dass Landwirtschaft und Reitbetrieb immer der Kern von Gut Tangstedt bleiben und jeder weitere Schritt schonend und gut durchdacht gegangen wird und dazu passt“, so Busch.

Neben dem 20 x 100 Meter großen Dressurviereck und dem Sprungplatz draußen hat Gut Tangstedt drei große Reithallen, darunter zwei 20 x 60 Meter große Dressurhallen und eine 20 x 80 Meter große Sprunghalle. In der prescht gerade Tim Schwanke durch die Bahn.

Veränderungen auf Gut Tangstedt gibt’s nicht zum Nulltarif

Selber ein erfolgreicher Springreiter, bildet er mit Antje Busch-Petersen, Anja Granlien sowie der Kinder- und Jugendreitlehrerin Maja Habibi das Reitlehrer-Team und ist auch ein gefragter Bereiter für die eingestellten Pferde. Die Reitstunden werden direkt bei den Reitlehrern gebucht.

Ein Blick in die Stallgasse mit ihren vergrößerten, lichtdurchfluteten Boxen, die den Pferden viel Bewegungsfreiheit bieten.
Ein Blick in die Stallgasse mit ihren vergrößerten, lichtdurchfluteten Boxen, die den Pferden viel Bewegungsfreiheit bieten. © Tanja Breukelchen

Dass all der Service und die positiven Veränderungen Geld kosten, ist den Menschen, die dem Team von Gut Tangstedt ihre Pferde anvertrauen, durchaus bewusst. Zwischen 600 und 1100 Euro werden für einen Platz in den großen, hellen Boxen pro Monat verlangt.

Reiterhof: Auf Gut Tangstedt stehen seit Jahrzehnten Pferde

„Wir haben unsere Kunden schonend darauf vorbereitet. Einige sind gegangen, aber die, die geblieben sind, tragen den Wandel mit“, sagt Busch und begrüßt Anja Schlaack, die Hündin Wilma an der Leine führt und gleich ihren 16-jährigen Oldenburger-Wallach Wyperfeld aus dem Stall holen will.

Seit 2003 stehen ihre Pferde auf Gut Tangstedt: „Das waren immer schöne Zeiten“, erinnert sie sich an den Vorbesitzer Gerdi Pieper, der im Winter bei Minusgraden gerne mal mit einem Tablett Hamfelder vorbeikam. „Hier ging es immer herzlich und gerade zu, das hat sich auch bei Mathias Busch nicht geändert. Der Ort ist einfach schön anzusehen: Wenn man die Allee entlangfährt und dann das Gutshaus und das große Gelände sieht, ist das immer wieder beeindruckend.“

Zu diesem gehören übrigens auch ein eigens angelegtes Reitwegenetz von mehr als zehn Kilometern Länge, auf dem es Galoppstrecken ebenso wie Wege durch kleine Wälder gibt. Während immer wieder Boxen erweitert und renoviert werden, stehen alte, viel zu kleine Container-Boxen etwas abseits und verwaist. Sie werden demnächst abgerissen, erklärt Mathias Busch: „So etwas wird es auf Gut Tangstedt nicht mehr geben. Bei uns wird das Tierwohl immer an erster Stelle stehen.“