Norderstedt. Die U19 von Eintracht Norderstedt spielt am Sonntag gegen Meppen um den Aufstieg in die Bundesliga. So will das Team den Sprung schaffen.

Vor dem wichtigsten Spiel der Saison gibt Andreas Prohn, Trainer der U19 von Eintracht Norderstedt, eine auf den ersten Blick erstaunliche Prognose ab. „Das“, sagt er vor dem Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die A-Junioren Bundesliga Nord/Nordost gegen das Jugendleistungszentrum Emsland im SV Meppen, „wird ein Gewusel. Darauf müssen wir uns einstellen.“

Der Trainer erwartet einen schlechten Rasenplatz

Doch der 54 Jahre alte Coach bezieht sich damit nicht auf das Spielgeschehen. Sondern auf das Drumherum. Die Partie findet um 15 Uhr an diesem Sonntag auf der Anlage des TuS Komet Arsten an der Egon-Kähler-Straße in Bremen statt. Zuvor steigen vor Ort weitere Entscheidungsspiele, viele Teams werden da sein. Das stört Prohn weniger als der Austragungsort an sich. „Ich verstehe nicht, warum ein solch wichtiges Spiel nicht bei Werder Bremen oder Hannover 96 stattfindet. Die haben eine top Rasenfläche zu bieten, während die Rasenplätze im Amateurfußball um diese Jahreszeit oft eine Katastrophe sind. Aber nun müssen eben beide Mannschaften damit klarkommen.“

In der Regionalliga wurde Norderstedt Meister

Um die Chancen auf dem für die U19 ungewohnten Belag zu erhöhen – das Team trägt seine Heimspiele auf dem Kunstrasen aus –, durften Prohns Jungs die ganze Woche im Stadion auf Rasen trainieren. Man verstünde ihn falsch, interpretierte man seine Kritik als ein Vorbauen für ein eventuelles Scheitern. Prohn sagt einfach, was er denkt. Er ist ein grundehrlicher Typ mit Ecken und Kanten geblieben, der sich nicht für den diplomatischen Dienst eignet. Den dritten Aufstieg in die Bundesliga im Jugendfußball, nachdem ihm das Kunststück mit der U19 und der U17 des Niendorfer TSV bereits gelang, will er unbedingt schaffen. Die Basis dafür legte die Eintracht in ihrer Regionalligastaffel mit sieben Teams, hier sammelte sie zwölf Begegnungen imposante 31 Punkte. Dabei war Prohn selbst vor der Saison noch schleierhaft, wie stark seine Mannschaft wirklich sei. Viele neue Spieler, durch Corona ein Spielplan mit teils wochenlangen Pausen, die Unsicherheit überwog. „Deshalb haben wir uns bewusst kein Ziel gesetzt. Wir wollten erst einmal sehen, wie es läuft.“

David Borgmann hat bereits 15 Saisontore

Es lief von Beginn an gut – und Prohn bewies wieder einmal sein goldenes Trainerhändchen für ein Jugendfußballteam. So zog er David Borgmann vom rechten Flügel in die Sturmspitze. „Hat geklappt, David ist aufgeblüht“, sagt Prohn erfreut. 15 Saisontore sprechen eine deutliche Sprache. Den verletzungsbedingten Ausfall von Innenverteidiger Yago Hahne ab Januar kompensierte Prohn mit Visar Mehmeti hinten im Zentrum. Nur zwei Beispiele von vielen. „Ich achte schon lange darauf, nur Spieler zu verpflichten, die mindestens zwei Positionen spielen können. Ausnahmen sind nur Torhüter und Mittelstürmer“, verrät Prohn.

Auch taktisch entwickelte er die Mannschaft weiter. Mittlerweile kann der Coach von der Seitenlinie eine Farbe ausrufen und sein Team weiß sofort, wie hoch oder tief es zu verteidigen hat. Taktisch spielte die U19 offensiv ein 4-3-3, in der defensiven Formation ein 4-1-4-1. Genau wie die Regionalligamannschaft der Herren. „Das hat natürlich Vorteile, wenn die Jungs ein solches Spielsystem schon verinnerlichen.“

Mittelfeldtalent Benjamin Dreca ist auf dem Sprung zu den Herren

Aus dem alten Jahrgang wird trotzdem, so entschied der Verein, nur Mittelfeldspieler Benjamin Dreca zum Regionalligateam hochgezogen. Der 18-Jährige kam allerdings auch in dieser Saison schon mehrfach dort zum Einsatz.

Der Wert eines Bundesligaaufstiegs für die Eintracht ist nicht zu unterschätzen. Nach dem Abstieg des ETV in die Regionalliga Nord in dieser Saison wären die Garstedter hinter dem HSV und dem FC St. Pauli die beste Adresse in der U19, dem als Unterbau wichtigsten Bereich im Jugendfußball. Ein Aufstieg wäre darüber hinaus historisch. In der Bundesliga spielte die A-Jugend der Eintracht seit der Gründung des Vereins im Jahre 2003 noch nie. „Unsere Saison war so nicht zu erwarten. Aber nach der Hinrunde wurde mir klar: Wenn wir uns nicht ganz blöd anstellen, werden wir Meister in unserer Staffel. Jetzt ist alles drin für uns“, sagt Prohn.

„Was soll ich als Herrentrainer in der Oberliga Hamburg?“

Gescoutet hat er die Meppener schon, das Videostudium mit seinen Spielern intensiv angegangen. „Mehr Infos kann ich meinen Jungs über den Gegner nicht mehr geben. Nun liegt der Fokus wieder bei uns. Das wird ein absolutes 50/50-Spiel.“ Er selbst hat im Jugendfußball längst seine Berufung gefunden. „Mir macht das Spaß, diese jungen Leute zu entwickeln. Was soll ich denn als Herrentrainer in der Oberliga Hamburg? Um die Goldene Ananas spielen, weil da ja eh so gut wie nie einer aufsteigen will?“

Sollten er und sein Team den Triumph gegen Meppen verpassen, ist übrigens weiterhin alles möglich. In diesem Fall würde Eintracht Norderstedt am 12. und 19. Juni in zwei weiteren Relegationsspielen gegen den Zweiten der Regionalliga Nordost (Berliner AK, Hertha Zehlendorf oder Erzgebirge Aue) eine weitere Chance erhalten, den großen Traum von der Bundesliga wahr zu machen. Klappt es jetzt oder im Juni, könnte es sogar noch besser kommen. Mit der U19 des Niendorfer TSV schaffte Prohn damals zweimal sensationell den Klassenerhalt in der höchsten Spielklasse des Landes.