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Die Chronik – 50 Jahre Sport in Norderstedt

| Lesedauer: 8 Minuten
Frank Best
Sport-Chronik 1972

Sport-Chronik 1972

Foto: Frank Best

Das Abendblatt war seit der Stadtgründung am 1. Januar 1970 immer am Ball. Unternehmen Sie mit uns zusammen eine Reise ins Jahr 1972.

Norderstedt ist Notstandsgebiet,.  die Sportvereine fühlen sich stiefmütterlich behandelt. Grund: Die vorhandenen Anlagen sind den ständig steigenden Mitgliederzahlen längst nicht mehr gewachsen. Fast jeder siebte Bürger der Stadt gehört einem Club an, zwei Drittel von ihnen sind Jugendliche. Das Problem: Die Wünsche der Vereine sind so vielzählig, dass Jahre vergehen werden, bevor alle erfüllt sind.

Kurt Bellin vom SV Friedrichsgabe opfert jede freie Minute für den Rasenkraftsport. Der nur 70 Kilogramm schwere Malermeister steht täglich um 5 Uhr auf, um sein Trainingsprogramm abzuarbeiten. Auch wenn es regnet – und das zahlt sich aus. Bellin gewinnt in Lahr im Schwarzwald bei den Deutschen Meisterschaften seiner Altersklasse Gold im Steinstoßen (15 Kilogramm/6,64 Meter), Gewichtwerfen (12,5 Kilogramm/15,97 Meter) und Hammerwurf (39,78 Meter). Sein Erfolgsgeheimnis: „Meine Frau ist die treibende Kraft. Sie ist bei allen Wettkämpfen dabei und spornt mich zu Höchstleistungen an.“

Detlef Gleichfeldt, von 1964 bis 1970 Vorsitzender der Leichtathletikgemeinschaft Alsternord und mittlerweile Leiter des Sportamtes in Salzgitter, wird mit Blumen verabschiedet und zum Ehrenmitglied der LGA ernannt.

Die Handballspielerinnen Dagmar Criwitz, Gaby Stegemann (TuRa Harksheide) und Ingeborg Weislowski (Eintracht Garstedt) gehören zum Aufgebot der Hamburger Auswahl, die den Deutschen Meister SC Union 03 mit 2:1 besiegt.

Langstreckenläufer Dieter Reichert(LG Alsternord) wird in Husum Hamburger Marathon-Meister. Seine Zeit nach 42,195 Kilometern: 2:34,48 Stunden.

Fußball-Regionalligist SC Sperber trennt sich nach sechs Jahren Zusammenarbeit von Trainer Erwin Piechowiak, der 1960 als Spieler mit dem Hamburger SV Deutscher Meister wurde. Piechowiak ist völlig überrascht, bleibt aber gelassen. Er hat mit TuRa Harksheide schon Monate vor dem Rauswurf einen Club für die neue Saison gefunden.

Eintracht Garstedts Frauenteam sichert sich mit einem 4:3-Erfolg gegen die zweite Mannschaft des TuS Alstertal den Klassenerhalt in der höchsten Hamburger Feldhandball-Klasse.

Die Jugendbetreuer von Eintracht Garstedt wollen in Absprache mit ihren Kollegen von TuRa Harksheide, dem Glashütter SV und dem SV Friedrichsgabe eine Stadt-Auswahlmannschaft mit den besten Jugendfußballern der Norderstedter Vereine zusammenstellen.

Das Leben der Tennisabteilung des Hamburger SV kann beginnen. In Eigenarbeit ist auf dem Gelände an der Ulzburger Straße ein Vereinsheim im Blockhaus-Stil entstanden. Prominentestes Mitglied der Sparte ist Fußball-Idol Uwe Seeler. Die Begeisterung für den weißen Sport ist beim HSV so groß, dass ein Aufnahmestopp verhängt werden muss.

Norderstedt hat einen Sportverein, der den Namen der jungen Stadt trägt. Aus Eintracht Garstedt wird der 1. SC Norderstedt. Dieser entsteht aus der Fusion der am 18. November 1945 ins Leben gerufenen Eintracht mit dem Tanzclub1. SC Norderstedt. Diesen haben Edmund Plambeck, Martin Wilke, Peter Feldmann, Gerhard Fälchle, Gerhard Schiro Lothar Gemballa, Werner Rothgardt und Hans Schwarz am 7. Januar 1970 gegründet. „Wir wollten uns so den Namen sichern“, sagt Vereinschef Plambeck, der alle Traditionalisten beruhigt: „Wir bleiben Eintracht Garstedt – im1. SC Norderstedt.“


Sie gewinnen alles,
was es zu gewinnen gibt. Wilfried Zahel, Heinz Hammann und Uwe Ermisch vom ausrichtenden SV Friedrichsgabe belegen bei den schleswig-holsteinischen Landesmeisterschaften im 20-Kilometer-Straßengehen die Plätze eins, zwei und drei. Das Trio sichert sich außerdem auch noch den Sieg in der Mannschaftswertung.

Leichtathlet Dieter Riebe (SV Fried­richsgabe) hat zwar keine aerodynamische Frisur. Er kann trotz seiner Beatles-Mähne aber sehr schnell laufen, wird mit einer Zeit von 51,3 Sekunden A-Jugend-Landesmeister über 400 Meter.

Hans-Jürgen Bode, Handball-Torhüter des Hamburger SV, hat mit seiner Familie ein Häuschen am Rugenbarg im Stadtteil Garstedt bezogen – und nimmt mit der deutschen Nationalmannschaft an den Olympischen Spielen in München teil. Sportlehrerin Christel Prahler(LG Alsternord) ist als Leiterin einer Gruppe von Platzanweisern im Olympiastadion von der Eröffnungs- bis zur Schlussfeier mit dabei.

Das olympische Feuer macht allerdings einen Bogen um Norderstedt. Es wird auf dem Weg nach Kiel von Hamburg aus 18 Kilometer entlang der Bundesstraße 4 über Hasloh, Quickborn und Bilsen gen Norden getragen. Franz Wojaczek und Detlef von Valtier (LG Alsternord) gehören zum Kreis der auserwählten Sportler, die in der Hansestadt mit der Fackel in der Hand jeweils einen Kilometer laufen dürfen.

Beim Spiel der Bubimannschaften des1. SC Norderstedt und des SC Hansa 11 haben nicht nur die Eltern, sondern auch der Schiedsrichter Mitleid mit den SCN-Buttjes. „Nun lasst euch doch nicht immer den Ball wegnehmen“, ruft er ihnen aufmunternd zu. Die Nachwuchskicker stehen zum ersten Mal auf dem Fußballplatz und wundern sich, dass das Spielgerät nach jedem Tor wieder auf den Anstoßpunkt gelegt werden muss. Endergebnis: 11:0 für Hansa...

Internationales Flair im Waldstadion an der Lawaetzstraße: Leichtathleten aus Leningrad stehen im Mittelpunkt eines hochkarätig besetzten Abendsportfestes. Valeri Woklin gewinnt das Kugelstoßen mit 19,15 Metern. Helena Korublowa (17,57 Meter im Kugelstoßen) und Tatjana Kasankina (2:12,3 Minuten über800 Meter) zeigen ebenfalls herausragende Leistungen. Publikumsliebling ist allerdings Inge Bödding (LG Nord-West), die Olympia-Bronzemedaillengewinnerin mit der deutschen 4 x 400-Meter-Frauenstaffel.

Eine Norderstedterin ist die beste Badminton-Jugendspielerin weit und breit. Nordmeisterin Dagmar Schneider vom Hamburger SV qualifiziert sich wie Vereinskollegin Heidi Kellner und ihre HSV-Kameraden Jürgen Kolell, Burkhard Born und Jürgen Kopetz für das deutsche Ranglistenturnier.

München gastiert im Herold-Center. Aus 143.125 Legosteinen wird das Gelände der Olympischen Sommerspiele in München auf 100 Quadratmetern zusammengepuzzelt – zum Kunstwerk gehören unter anderem das Stadion, die Mehrzweckhalle, die Schwimmhalle sowie der Fernsehturm. Dieser ist stattliche 2,60 Meter hoch.

Rätselraten um den früheren Bundesliga-Kicker Jürgen Dringelstein, mit dem sich Verbandsligist 1. SC Norderstedt verstärken will. Dringelstein reist mit seinem Spielerpass im Gepäck in seine Heimat nach Süddeutschland ab. „Er will dort unten auch wieder Fußball spielen“, kommentiert SCN-Ligaobmann Lothar Schonert die überraschende Aktion des Ex-Profis. Trainer Martin Wilke sagt dagegen: „Er ist zum DFB nach Frankfurt gefahren, um dort über seine vorzeitige Reamateurisierung zu verhandeln.“

Die Turntalente des 1. SC Norderstedt gewinnen bei den Kreismeisterschaften in Kaltenkirchen 20 Titel. Erfolgreichster Teilnehmer ist Carl-Christian Büll. Er wird Gesamtsieger in seiner Altersklasse und belegt außerdem auch noch erste Plätze am Reck, Barren, Sprung und an den Ringen.

Wer auf zwei Hochzeiten tanzt, kann schon mal aus der Puste kommen. Die Leichtathleten der LG Alsternord melden eine Handballmannschaft für den Punktspielbetrieb, um sich in der Wintersaison in Form zu halten. Wegen einer Terminüberschneidung gehen die ersten beiden Auftritte des Teams allerdings komplett in die Hose, die Newcomer-Truppe kassiert zwei Niederlagen. Der gleichzeitig stattfindende Pokalwettbewerb des Hamburger Leichtathletik-Verbandes endet für die LGA ebenfalls mit einer Enttäuschung, mehr als Platz fünf unter sechs Vereinen ist nicht drin. 400-Meter-Läufer Eckhard Irrgang holt den einzigen Sieg für die Norderstedter.

Im Punktspiel der Fußball-Verbandsliga zwischen dem 1. SC Norderstedt und dem TSV Uetersen, das der SCN trotz einer 60-minütigen Überzahl auf eigenem Platz mit 2:3 verliert, gehen die Fans beider Mannschaften weitaus intensiver zur Sache als die Spieler. Es kommt zu einer Prügelei, weil Schiedsrichter Köster (Altona 93) ein Freistoßtor von Peter Haack zum vermeintlichen 3:3 nicht anerkennt.

Der Pokal, den die erste Mannschaft des Garstedt-Ochsenzoller Reit- und Fahrvereins beim traditionellen Adventsturnier des Flottbeker RV gewinnt, ist so groß und schwer, dass ihn die einzige Amazone in der Equipe kaum anheben kann, als sie den Siegersekt aus der Trophäe trinken möchte. Harald Dude, Dietmar Dude und Claus Remmers glänzen im Teamspringen der Klasse L mit fehlerfreien Ritten, Marion Rodde kassiert elf Strafpunkte. Sie geht auf Marschall so forsch in die dreifache Kombination, dass gleich beim ersten Hindernis die Stangen zersplittern.

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