Norderstedt

Teamgold als Trostpflaster

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Tim Weidenbecher legt nach Einzel-Aus bei World Games Ju-Jutsu-Pause ein

Norderstedt. Als Tim Weidenbecher nach zwölfstündiger Autofahrt endlich zu Hause in Norderstedt-Mitte ankam, war er fix und fertig. Kein Wunder, denn die World Games in Breslau hatten beim 23 Jahre alten Ju-Jutsu-Kämpfer vom Norderstedter Verein Kodokan Spuren hinterlassen.

Während sich die körperlichen Blessuren nach nur zwei Duellen auf einen ordentlichen Muskelkater und leichte Kniebeschwerden beschränkten, sind die seelischen Wunden doch ein wenig tiefer und müssen erst einmal aufgearbeitet werden.

Weidenbecher war mit großen Ambitionen nach Polen gereist. Doch innerhalb von nur fünfzehn Minuten lösten sich alle Hoffnungen auf Einzel-Edelmetall in Luft auf. Zunächst verlor der amtierende Europameister in der Gewichtsklasse bis 94 Kilogramm vorzeitig gegen den späteren Sieger Tomasz Szewczak (Polen). Nur wenige Minuten später kassierte er seine zweite, wesentlich knappere 12:13-Niederlage gegen den ihm unbekannten Iraner Mohsen Amid Aghchay.

Anschließend war Weidenbecher völlig bedient und suchte nach Erklärungen. Sein im Urlaub weilender Heimtrainer Stefan Jacobs tröstete ihn zwar per WhatsApp-Nachricht, doch Sätze wie „Kopf hoch, Tim. Du bist noch jung. Wir besprechen in Ruhe, wie es weitergeht. Mach erst einmal Pause“ prallten an dem frustrierten Sportler ab.

„Ich hatte keine Lust mehr und wollte alles hinschmeißen. So wie gegen den Polen habe ich schon lange nicht mehr verloren“, sagte Tim Weidenbecher. „Am Training hat es sicher nicht gelegen. Ich habe mich auch gut gefühlt. Aber im Wettkampf lief es nicht. Wahrscheinlich war der Druck, unter den ich mich auch selber gesetzt habe, zu hoch. Ich war irgendwie wie gelähmt.“

Der Frust wich am selben Tag aber dann doch noch, die Freude über Gold mit der Mannschaft überwog – auch wenn der Norderstedter gar nicht zum Einsatz kam. Seine Gewichtsklasse war als letzte angesetzt, und Deutschland führte sowohl in der Vorschlussrunde gegen die Niederlande als auch gegen Russland im Finale schon uneinholbar, sodass die „schweren Jungs“ nicht mehr auf die Matte mussten. Gefeiert wurde anschließend ausgiebig. „Ich war um 7.30 Uhr beim Frühstück und bin dann ins Bett gegangen.“

Nach der anstrengenden Heimreise aus Polen sowie der ersten Nacht im eigenen Bett hat Tim Weidenbecher, dessen Gegner teilweise mehr als zehn Jahre älter waren, wieder neue Motivation geschöpft. „Ich will mich jetzt mehr auf mein Studium konzentrieren und ein paar Monate Ju-Jutsu-Pause machen, um den Kopf freizubekommen. Das ist auch im Sinne der Bundestrainer. Dann gucken wir. Ich denke, aber ich mache noch vier Jahre weiter. So kann ich ja nicht aufhören.“

( pam )

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