Der 22-jährige Janek Sternberg ist im Kreis Segeberg aufgewachsen und zählt zu den Jungprofis, die in der Fußball-Bundesliga bei Werder Bremen durchstarten

Alles war so unfassbar, so neu, so surreal für Janek Sternberg. „Nicht im Geringsten hätte ich gedacht, dass es so schnell gehen würde. Ich war eigentlich so in die Saison gegangen, dass ich möglichst viel bei den Profis mittrainieren wollte.“

Dann kamen die letzte Novemberwoche und die Vorbereitung auf das Heimspiel von Fußball-Bundesligist SV Werder Bremen gegen den SC Paderborn. Und mit jedem Trainingstag, jeder Einheit, jedem Gespräch nahm es Gestalt an – das Debüt eines 22 Jahre jungen Linksverteidigers aus dem Kreis Segeberg, genauer gesagt der Gemeinde Leezen. Vorbei die Tingelei mit der U23 durch die Regionalliga Nord, vorbei das bloße Träumen vom Oberhaus – jetzt war Janek Sternberg mittendrin im schillernden Geschäft Bundesliga. Und er spielt seitdem so, als sei das alles keine große Sache.

Das Leben läuft nun im Höchsttempo ab. Der 4:0-Triumph zum Einstand im Paderborn-Spiel, die Begeisterung von mehr als 40.000 Fans, all das ist schon wieder ferne Vergangenheit. Über Sky-Liveübertragungen und ARD-Sportschau wird das zuvor bloß Insidern bekannte Gesicht von Sternberg über die Kanäle gesendet, seine Reifeprüfung mit dem ersten Fernsehinterview beim Lokalprogramm Radio Bremen TV hat er unlängst locker über die Bühne gebracht. Ein Wort fällt hierbei immer wieder: „Glück“.

Denn explizit vorgezeichnet war dieser Karriereweg nicht unbedingt. Janek Sternberg wurde keinesfalls in der großen Fußballwelt sozialisiert wie beispielsweise sein Teamkollege Levin Öztunali, der schon als begabter Teenager aufgrund seines Großvaters Uwe Seeler in aller Munde war.

Vielmehr begann alles auf der lokalsten aller Ebenen, beim Heimatclub Leezener SC. „Janek ist direkt am Sportplatz aufgewachsen“, sagt sein Vater Ronald, der seit bald 25 Jahren Hausmeister der örtlichen Schule ist. „Ich selbst habe ihn noch bis zur D-Jugend trainiert. Kreismeister ist Janek mit jedem Jahrgang geworden.“ Es war eine schlagkräftige Truppe, die zusammen aufwuchs. Ehemalige Kollegen wie etwa ein Dennis Studt oder ein Philipp Möller gehören heute im Trikot des SV Todesfelde zu den besten Offensivspielern in der Schleswig-Holstein-Liga und der Verbandsliga Süd-West. Andere hingegen haben dem LSC bis heute die Treue gehalten.

Janek Sternberg machte sich jedoch rasch einen besonderen Namen, wurde nacheinander erst in die Kreis- und dann die Landesauswahl berufen. Hans-Jordt Petersen, sein früherer Coach in der C-Jugend, wusste, dass er zumindest ein außergewöhnliches Talent vor sich hatte. „Janek war mein Kapitän. Er war schon damals auffällig, ist immer vorneweg marschiert und hatte großen Ehrgeiz.“

2006 lockte der SV Eichede den damals 13-Jährigen in den Kreis Stormarn, war aber doch bloß eine zwölfmonatige Zwischenstation auf dem Weg zum Hamburger SV. Dort wurde Sternberg nicht nur erwachsen, sondern auch vom Spielmacher zum Linksverteidiger. „Die Trainer Rodolfo Cardoso und Markus von Ahlen haben mich umgeschult. Mittlerweile habe ich wohl nur noch wenig von einem ‚Zehner’ in mir. Da ist die Konkurrenz in der Bundesliga aber auch riesengroß. Ich will mich lieber auf meiner jetzigen Position weiterentwickeln“, sagt er.

Der HSV gab ihm schließlich im Juni 2011 sogar seinen ersten Profivertrag – doch keiner der vielen Trainer dort setzte ihn tatsächlich in der ersten Liga ein. Die Karriere schien zu stagnieren, doch ausgerechnet Nordrivale Werder Bremen sah in Sternberg etwas, das die Hamburger übersehen zu haben schienen. „Janek hat sich riesig gefreut, als sich Werder bei ihm gemeldet hat. Die hatten ihn ein Jahr beobachtet“, erinnert sich seine Mutter Britta.

Nach etwas mehr als einer Saison an der Weser kam Janek Sternberg eine weitere glückliche Fügung zugute. Werder trennte sich von Bundesligatrainer Robin Dutt und beförderte Viktor Skripnik, den U23-Coach. Der Ukrainer – selbst früher ein hervorragender Linksverteidiger – trat den Job an und brachte die besten seiner Schützlinge gleich mit. Wie eben auch Sternberg.

Wie sich herausstellte, eine brillante Idee. „Janek ist ein Paradebeispiel dafür, dass Spieler auch über die U23 ihren Weg gehen können“, sagt Sportchef Thomas Eichin. Am Montag unterschrieb Janek Sternberg zum zweiten Mal einen Profivertrag, datiert ist das Papier vorerst bis Sommer 2017.

Nun freut er sich Woche für Woche auf prominente Gegenspieler. „Vor Karim Bellarabi hatte ich Riesenrespekt. Ich denke, dass ich es gegen ihn dann in der zweiten Halbzeit besser gemacht habe. Gerne würde ich gegen Arjen Robben spielen. Das Risiko ist zwar groß, dass ich nicht gut aussehe, aber daraus lernt man ja.“