Uwe Lemmermann geht nach 28 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit beim TuRa Harksheide in den Ruhestand

Norderstedt. Es ist schon erstaunlich, wie kleine und zunächst nur unbedeutend erscheinende Zufälle mit ihren Auswirkungen dann doch die Weichen für ein ganzes Leben stellen können.

Beispiel gefällig? Wäre im Herbst 1964 eines der Bürogebäude in der Hamburger Repsoldstraße, in dem die benachbarte Ingenieursschule einige Räume angemietet hatte, nur etwas besser schallisoliert gewesen, dann wäre Uwe Lemmermann im Judo-Dojo des TuRa Harksheide am Exerzierplatz wohl nicht an einen Schaukelstuhl gefesselt worden.

Klingt skurril? Ist es aber nicht, nur das ganz normale Leben. Die von Abteilungsleiter Sven Eggers sowie den Trainer-Brüdern Daniel und Dominik Falk angezettelte Verschnürungsaktion, die von zahlreichen Vereinskollegen bejubelt und mit breitem Grinsen begleitet wurde, war Teil der Abschiedsfeier für den bisherigen Pressewart der Judosparte.

Der 73-Jährige, der nach 28 Jahren im TuRa Harksheide seine ehrenamtliche Tätigkeit in der Abteilung aufgegeben hat, ist der japanischen Selbstverteidigungsform seit einem halben Jahrhundert verfallen – eben seit besagtem Herbst im Jahr 1964. „Ich war junger Architekturstudent, und wir hatten in der Repsoldstraße ein Seminar“, erinnert sich Uwe Lemmermann, der damals schon auf eine langjährige Erfahrung als Leistungsturner zurückblickte. „Als wir da saßen und lernen sollten, tönte immer wieder so ein Rumms durch die Räume. Immer wieder. Ich wurde neugierig und habe den Ort gesucht, wo dieses Geräusch herkam.“

Lemmermann ging durch die Flure, bis er zur Sakura-Sportschule kam. Der 23-Jährige öffnete die Tür und betrat eine völlig neue Welt. Vor ihm stand der mehrfache Deutsche Judomeister Gerd Alpers und trainierte mit Schülern Wurftechniken. „Du kannst gleich hierbleiben“, waren Alpers’ Worte, die etwas in Gang brachten, das Uwe Lemmermann so nicht erwartet hätte.

„Ich hatte dem Leistungsturnen damals den Rücken gekehrt, weil ich keine Lust mehr auf siebenmal Training pro Woche hatte. Aber ich habe aus diesem Bereich eine Fitness mitgenommen, die mir noch sehr nutzen sollte. Jedenfalls habe ich mir gedacht, dass ich nun bei einem Sport neu einsteige, wo ich erst einmal der Schlechteste bin. Da würde mich niemand täglich auf die Matte treiben.“

Diese Gedankenspiele interessierten Gerd Alpers herzlich wenig. „Es hat nicht lange gedauert, dass mein Lehrmeister ein gewisses Talent zum Judo bei mit entdeckte“, sagt Lemmermann, um mit einem Schmunzeln hinzuzufügen: „Das mit dem Extratraining ging dann doch wieder los.“

Es begann eine Judo-Karriere, die wohl nur als Liebe zu diesem Sport bezeichnet werden kann. Angesichts seines für Einsteiger relativ fortgeschrittenen Alters hielt sich Lemmermann mit dem Wettkampf-Judo zurück und spezialisierte sich auf die Kata-Wettbewerbe, die ohne Gegner, sondern mit Demonstrationspartner stattfinden. Die Wahl war gut. Seinem größten Erfolg, dem fünften Platz bei der Europameisterschaft 1986, ließ der vierfache Hamburger Titelträger als 46-Jähriger den dritten Platz bei den deutschen Titelkämpfen 1988 folgen – jeweils immer mit der Nage-No-Kata.

Beide Erfolge holte Uwe Lemmermann schon als TuRaner, nachdem er aus Barmbek-Nord nach Glashütte gezogen war und sich sofort dem neuen Verein anschloss. „Kaum war ich da, musste Cheftrainer Horst Gleich beruflich nach Berlin und hat mich gefragt, ob ich nicht unterrichten könne“, so Lemmermann. Aus dem einfachen Trainer wurden wenig später der Ligawart, dann der Kontaktmann zum Deutschen Roten Kreuz und zu guter Letzt auch der Pressewart.

Dabei war Lemmermann 1990 von zwei Herzinfarkten in kurzer Folge brutal ausgebremst worden. „Das traf mich völlig unvorbereitet, ich hatte immer gesund gelebt“, sagt der Judo-Ruheständler, „ich bin dann kurzzeitig in ein tiefes Loch gefallen, wollte mit dem Judo ganz aufhören. Aber dann kamen Abteilungsmitglieder auf mich zu, ich solle dann eben kürzertreten, aber mein Wissen weitergeben.“

Zum Glück für die TuRaner ließ sich Lemmermann schnell überzeugen. Er übernahm besagte Ämter und übte sie gerne und vorbildlich aus. „Jetzt ist aber der Zeitpunkt für einen Schlussstrich. Ich bin 73 Jahre alt, nun müssen auch mal die Jungen in der Abteilung anpacken.“ Das Amt des DRK-Beauftragten hat Lemmermann bereits an Manfred Rothstock übergeben.