Vereinschef Marc Sinnewe weiß aber auch, dass der SV Henstedt-Ulzburg in den meisten Sportabteilungen an seine Kapazitätsgrenzen stößt

Seit August ist der aus St. Wendel im Saarland stammende Diplom Sport-Wissenschaftler Marc Sinnewe Vorsitzender des SV Henstedt-Ulzburg. Von 2006 bis 2008 war Marc Sinnewe in der Reha-Klinik in St. Peter Ording in der Onkologie und Orthopädie tätig, von 2008 bis 2014 arbeitete er als sportlicher Leiter beim Altrahlstedter Männerturnverein in Hamburg. Die Stelle als Vereinsvorsitzender in Henstedt-Ulzburg bezeichnet der 34-Jährige als „reizvolle Aufgabe in einem reizvollen Verein“. Zuletzt gewann der SVHU den Breitensportpreis des Landessportverbandes und erhielt dafür 3000 Euro. Das Hamburger Abendblatt sprach mit dem Vater einer Tochter über seine bisherigen Eindrücke, die Gegenwart und auch über Zukunftspläne.

Hamburger Abendblatt:

Der SV Henstedt-Ulzburg ist mit 5400 Mitgliedern hinter dem Kieler MTV der zweitgrößte Sportverein in Schleswig-Holstein. Wann begrüßen Sie das 6000 Mitglied?

Marc Sinnewe:

Seit 2011 pendelt unsere Mitgliederzahl zwischen 5300 und 5500. Die Fluktuation ist im Vergleich zu anderen Vereinen relativ niedrig. Diese Zahl versuchen wir zu halten, indem wir unsere Angebote anpassen und zielgruppenorientiert präsentieren.

Stößt der SVHU an seine Kapazitätsgrenze? Wenn ja, was sind die limitierenden Faktoren für ein weiteres Wachstum des Clubs?

Sinnewe:

Einerseits sind gesellschaftliche Faktoren wie beispielsweise der Ganztagsunterricht in den Schulen ein limitierender Faktor. Die Kinder und Jugendlichen haben immer weniger Zeit. Der SVHU kooperiert bereits mit allen Schulen in Henstedt-Ulzburg. Die Hälfte aller Mitglieder sind Kinder und Jugendliche. Dies bedeutet jedes zweite Kind aus der Gemeinde ist im SV HU aktiv. Das ist schon eine Hausnummer. Andererseits stößt der SVHU in den meisten Sportabteilungen an seine Kapazitätsgrenzen. Hier reichen die Sportstätten und Hallenzeiten nicht aus, um alle Kinder und Jugendlichen aufzunehmen. Wir haben teilweise sogar Wartelisten.

Der SVHU hat gerade den Breitensportpreis des Landessportverbandes gewonnen. Die Auszeichnung ist der Lohn für viel Engagement. Was passiert mit den 3000 Euro?

Sinnewe:

Mit dem Thema „Mein Verein – ein Gewinn für unsere Region“ haben wir bewiesen, welche wichtige Rolle der Verein in der Gemeinde spielt. Maßgeblichen Anteil daran, dass wir ausgezeichnet wurden, hat die Mitarbeiterin Stefanie Teske. Sie war für die 40-seitige Bewerbung federführend verantwortlich. Das Geld wird je nach Bedarf verwendet, zum Beispiel für neue Sportgeräte. Wir wollen nachhaltig investieren, da hilft natürlich jeder Euro.

Sie sind seit August Vereinsvorsitzender. In den Wochen und Monaten vor Ihrem Amtsantritt gab es große Unruhe im Verein. Wie haben Sie die Wogen geglättet, was hat sich unter Ihrer Regie verändert?

Sinnewe:

Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und habe mir viel Zeit genommen, Gespräche zu führen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Bei aktuellen Themen wurde ich natürlich auch ins kalte Wasser geworfen. Mein Dank gilt meinem Vorstandskollegen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mir einen sehr guten Überblick verschafft haben. Die grobe Bestandsaufnahme ist jetzt abgeschlossen und mein Bauchgefühl wurde bestätigt, der SV Henstedt-Ulzburg ist ein sympathischer Verein mit einem großen Potenzial. Ich freue mich, dass ich hier arbeiten darf.

Welche Projekte wollen Sie im kommenden Jahr in Angriff nehmen?

Sinnewe:

Die Integration von Flüchtlingen in HU möchten wir mit unserer Arbeit unterstützen. Auch Menschen mit Handicap sollen ungehindert am Vereinsleben teilhaben können. Dazu gehören unter anderem barrierefreie Anlagen, aber auch mehr Präsenz in der Öffentlichkeit. Unsere Außendarstellung soll ebenfalls verbessert werden. Wir wollen noch mehr Menschen, darunter auch Zuschauer, für unseren Verein und seine Arbeit begeistern.

Gibt es Trends, die der SVHU in der Vergangenheit verschlafen hat?

Sinnewe:

Nein, der Verein hat seine Hausaufgaben gemacht. Der Gewinn des Breitensportpreises hat dies gezeigt. Vielseitigkeit ist unsere Stärke. Bei einigen Angeboten sind wir sogar Vorreiter und ein Vorbild für andere.

Breitensport ist ein großes Thema im SVHU. Im Leistungsbereich sind die Handballer zurzeit das Aushängeschild. Unterstreichen Sie die These „Ohne Leistungssport kein Breitensport“? Wie lautet die Philosophie des SVHU?

Sinnewe:

Im Bereich Handball und Fußball leben wir dieses Motto vor. Die Erfolge unserer Sportler stehen regelmäßig in der Presse. Da sind die Leistungsträger auch gleichzeitig die Vorbilder der Jugendlichen. Aber in vielen Sparten ist das Motto eher „Ohne Breitensport kein Leistungssport.“ Viele vergessen, welch grandiose Arbeit in anderen Sportsparten geleistet wird, wie in den wachsenden Abteilungen Volleyball, Hockey, Tischtennis oder Badminton, um einige Beispiele zu nennen.

Ab und zu werden Stimmen laut, dass die Zweitliga-Handballer des SV Henstedt-Ulzburg nicht genügend vom Hauptverein unterstützt werden. Stimmt das?

Sinnewe:

Wir unterstützen die Handballer im Rahmen unserer Möglichkeiten. Und durch die Gründung der Handball Spielbetriebsgesellschaft wird die Gemeinnützigkeit des Hauptvereins geschützt. Die Podiumsdiskussion zum Thema „Quo Vadis Leistungshandball in Henstedt-Ulzburg“ vor zwei Wochen hat ja auch gezeigt, dass der Schulterschluss zwischen den Handballern, der Gemeinde und dem Gesamtverein gewünscht ist. Allerdings ist die Halle im Schulzentrum Maurepasstraße viel zu klein und schränkt uns bei der Umsetzung von Sportevents ein. Dies müssten wir gemeinsam ändern um in der 2. Bundesliga konkurrenzfähig zu sein.

Die Fußballer sind mit über 1000 Mitgliedern die zweitgrößte Sparte. Geplant ist der Bau eines neuen Leistungszentrums. Wie ist der Stand der Planungen?

Sinnewe:

Tatsache ist, dass die Sportstätten am Schäferkampsweg aufgrund der Wohnbebauung nur begrenztes Entwicklungspotenzial für die Fußballabteilung haben und dass das Gelände in Henstedt wesentlich mehr Platz bietet. Im Moment laufen Gespräche, ob es dort neben der Einrichtung eines Fußball-Leistungszentrums auch noch Entwicklungsmöglichkeiten für andere Sportarten gibt und ob oder wo Synergien mit anderen Abteilungen oder Vereinen sinnvoll sind.

Sie waren vor ihrem Engagement beim SVHU sportlicher Leiter beim AMTV Hamburg. Wo sehen Sie Unterschiede?

Sinnewe:

Die Sportlandschaft und die Größe der beiden Vereine sind ähnlich. Im SV Henstedt-Ulzburg findet mehr Förderung des Leistungssports statt. In Hamburg ist der Verein eher ein Sportdienstleister, hier herrscht noch mehr familiäre Atmosphäre und ein großes Gemeinschaftsgefühl.

Sie sind hauptberuflich beim SVHU tätig. Nutzen Sie die Angebote des Vereins? Und was würden Sie gerne ausprobieren?

Sinnewe:

Vielleicht hole ich meinen Tennisschläger, den ich vor 15 Jahren weggelegt habe, wieder raus. Auf jeden Fall werde ich im kommenden Jahr ein Fußball-Integrationsprojekt betreuen und mich ehrenamtlich engagieren. Uns fehlen leider Übungsleiter, da will ich mit gutem Beispiel vorangehen und das Projekt daran nicht scheitern lassen.

Vielen Dank Herr Sinnewe, haben Sie noch einen Weihnachtsgruß?

Sinnewe:

Ja gerne. Ich wünsche allen Mitgliedern, Übungsleitern und Förderern des SVHU eine schöne Weihnachtszeit und ein sportliches Jahr 2015. Wir sehen uns am 26. Dezember zum Weihnachtsheimspiel der Frogs und natürlich zum Fußballfreundschaftsspiel gegen den FC St. Pauli am 10. Januar.