Kickboxer Maurice Lohner aus Friedrichsgabe schätzt an seinem Sport den Kampf Mann gegen Mann, liebt aber auch das anstrengende Training

Norderstedt. Von außen wirkt die Boxschule X-Ess im Schützenwall eher unscheinbar. Was aber innerhalb des Gebäudes gegenüber der freiwilligen Feuerwehr Harksheide vor sich geht, ist alles andere als durchschnittlich. Im ersten Stock schwitzen, kämpfen, fluchen, treten und schlagen fünf junge Männer – der Trainingsplan ist unerbittlich. Die Sportler, die zum Team „Day of Destruction“ gehören und von Promoter Ralf Stege gemanagt werden, wollen im Kickboxen viel erreichen und investieren dafür einen großen Teil ihrer Freizeit.

Bevor aber überhaupt ans Boxen gedacht wird, stehen Seilspringen, Dehnübungen, Gymnastik, Konditions- und Krafttraining an. Die beiden Coaches Axel Bösselmann und Frank Hoppe quälen ihre Schützlinge gnadenlos, und die ziehen freiwillig mit. Erst wenn die Kraft allmählich nachlässt, die Bauchmuskeln zwicken und die Gesichtsausdrücke der Sportler verzerrt sind, wird vielleicht eine Pause gemacht. Danach wird weiter geschuftet. Pratzen- und Boxsacktraining stehen an. Wer denkt, dass beim Kickboxen nur Schlagkraft und -technik eine Rolle spielen, irrt gewaltig.

Nur wer konditionell auf der Höhe ist, kann in dieser Sportart bestehen. „Unsere Athleten sollten Luft für zehn Runden haben“, sagt Frank Hoppe. Der jüngste im Team ist der 18 Jahre alte Maurice Lohner. Der Friedrichsgaber hat mittlerweile 21 Kämpfe auf seinem Konto, 17 davon waren siegreich.

Die letzte Niederlage kassierte das ehrgeizige Talent ausgerechnet beim Kampf um den vakanten Titel des Junioren-Europameisters bis 71 Kilogramm in Hanau. Nach fünf Runden entschied die Jury zugunsten des amtierenden Deutschen Meisters, Maruf Özcan aus Heidenheim. „Ich habe in den ersten beiden Durchgängen zu wenig gemacht. Aber dann habe ich aufgedreht“, sagt Maurice Lohner.

Von allen Seiten wurde dem Norddeutschen ein guter Kampf in der August-Schärtner-Halle bescheinigt, der zumindest eine Verlängerung verdient hätte. Und – hätte es die sechste Runde gegeben, wäre vielleicht die ausgezeichnete Fitness des jungen Norderstedters das Zünglein an der Waage gewesen. Doch auch mit der Niederlage kann Maurice leben. „Wir haben bereits vereinbart, dass es einen Rückkampf geben wird. Wann und wo, steht aber noch nicht fest.“

Die knappe Niederlage hat den angehenden Sport- und Fitnesskaufmann nicht demotiviert. Im Gegenteil, die Planungen für den Rückkampf laufen, der eine oder andere Auftritt bei einer Boxgala ist ebenfalls eine Option. „Mir gefällt am Kickboxen vor allem die Vielfalt. Es wird ja nicht nur mit den Fäusten, sondern auch mit den Beinen gearbeitet.“ Im Ring ist der Kämpfer auf sich alleine gestellt, trainiert wird meistens gemeinsam. Maurice Lohner schätzt nicht nur den Kampf Mann gegen Mann. „Beim Taining kann ich mich so richtig auspowern. Wir sind auch ein tolles Team und haben viel Spaß zusammen.“

Bevor der Friedrichsgaber sein Interesse am Kickboxen entdeckte, war Fußball angesagt. Bis zur D-Jugend wurde bei Eintracht Norderstedt gekickt. Die Mannschaft löste sich auf, Maurice wechselte zum SV Friedrichsgabe. Mit zwölf Jahren war die Fußball-Leidenschaft erloschen, eine neue Sportart musste her. „Ich fand Trampolinturnen schon immer toll und wollte das eigentlich auch im Verein machen“, sagt Maurice Lohner. Das Schnuppertraining beim Norderstedter SV fiel allerdings aus, weil der Übungsleiter an dem Tag nicht erschienen war.

Das Pech für den NSV war gleichzeitig das Glück für Axel Bösselmann, der damals noch Coach im Henstedt-Ulzburger AlsterGym war. Bösselmann bekam Besuch von dem damals 14-Jährigen und nahm ihn unter seine Fittiche. Mittlerweile arbeitet der Coach im X-Ess, sein Schützling folgte ihm. „Axel kann mich unheimlich gut motivieren. Er weiß, was ich gut mache und sagt mir, wann ich Gas geben soll.“

Maurice Lohner ist nicht nur als Sportler im X-Ess aktiv. Der 18-Jährige absolviert den theoretischen Teil seiner Ausbildung in Schleswig, trainiert dort bei den Baltic Thais. „Das ist sehr nett, dass ich dort in der Woche boxen kann“, sagt Maurice Lohner. Jetzt ist die Berufsschulzeit beendet, ab Montag beginnt wieder die Praxis. Maurice Lohner: „Die mache ich im X-Ess. Da stehe ich dann auch mal hinter dem Tresen oder helfe beim Training mit.“

Den Rest seiner Freizeit verbringt der Kampfsportler am liebsten mit Freundin Maike. Während der junge Friedrichsgaber im Wettstreit und beim Training stets an seine Grenzen geht und kompromisslos fightet, schaltet er außerhalb des Rings einen Gang zurück und zeigt eine ganz andere Seite. „Ich bin ja ein freundlicher Typ und eigentlich ganz pflegeleicht“, sagt er schmunzelnd.