Alina Witt hat in dieser Saison schon 15-mal für Regionalliga-Spitzenreiter SV Henstedt-Ulzburg getroffen

Henstedt-Ulzburg. Der Jubel der Regionalliga-Fußballfrauen des SVHenstedt-Ulzburg nach dem 4:2-Heimsieg über den SV Heidekraut Andervenne war laut. Die Spielerinnen hatten von Coach Claus Rath erfahren, dass sie die Tabellenführung in der Nordstaffel erobert hatten. Eines der Teammitglieder kannte allerdings schon vor dieser Mitteilung das Gefühl, an der Spitze eines Rankings zu stehen.

Alina Witt, 19 Jahre alte Stürmerin des SVHU, hatte schon vor der Partie des 9. Spieltags die Torjägerinnenliste angeführt. Mit den „Buden“ aus der 33. und 69. Minute stockte die angehende Abiturientin von der Gesamtschule Alter Teichweg in Hamburg, die vor zwölf Jahren beim TSC Wellingsbüttel das Kicken gelernt hat und sich 2009 für drei Jahre dem Hamburger SV anschloss, ehe sie nach Henstedt-Ulzburg wechselte, ihr Torkonto auf 15 Treffer auf.

Damit vergrößerte Witt ihren Vorsprung auf die zweiterfolgreichste Knipserin der Staffel, Fabienne Stejskal (FC Bergedorf 85), auf drei Tore. Nur Tina Ruh vom Südwest-Regionalligisten FC 1919 Marnheim ist bundesweit in der dritten Liga mit 21 Treffern noch erfolgreicher als Witt. In Zeiten des Internets sind diese Zahlen kein Geheimnis. „Die Regionalliga-Trainer kennen die gegnerischen Teams oft nicht, ein Scouting gibt es in dieser Klasse kaum“, sagt Claus Rath, der die Konsequenz dieser öffentlichen Torstatistik aufmerksam registriert hat. „Die Coaches schauen auf die Liste, und dann wird die Top-Torschützin des Gegners ruckzuck unter Sonderbewachung gestellt. Das beginnt jetzt auch bei Alina.“

Die Torjägerin, die langsam aber sicher zur Gejagten wird, bestätigt die Beobachtung des Übungsleiters. „Es wird schwerer für mich“, sagt sie, „meistens ist es nur eine intensivere Bewachung, gelegentlich kümmern sich auch zwei Gegenspielerinnen um mich. Manchmal krieg ich einen mit dem Ellenbogen mit, wenn die Schiedsrichterin nicht hinschaut, oder es wird dir gezielt auf den Fuß gestiegen.“ Das alles kann ihr aber nicht die Freude am Fußball verderben. Schon gar nicht in ihrer ersten „richtigen“ Regionalliga-Saison. Denn Alina Witt hat gewaltigen Nachholbedarf.

26. Mai 2013. Nur 19 Minuten nach dem Anpfiff der ersten Partie der Regionalliga-Aufstiegsrunde beim TSV DuWO 08, die mit einem 3:1-Sieg für den SV Henstedt-Ulzburg endet und der Grundstein für den Sprung des SVHU in die dritthöchste deutsche Frauenspielklasse ist, stürzt die Stürmerin auf ihre rechte Schulter. „Besser gesagt auf meine Hand. Das aber so unglücklich, dass das Schultergelenk aus seiner Pfanne gesprungen ist“, erinnert sich Witt.

Neben extremen Schmerzen bescherte ihr die unglückliche Aktion auch noch eine Fahrt im Rettungswagen sowie eine unglaubliche Enttäuschung. „Ich konnte nicht glauben, als mir der Arzt sagte, dass das zwölf Monate Fußballpause bedeutete. Das war doch nur meine Schulter, nicht mein Fuß oder mein Knie!“

Die 19 Jahre alte Vollblutfußballerin macht keine halben Sachen

Ein Blick aufs Röntgenbild, das überdeutlich das Ausmaß der schweren Verletzung dokumentierte, überzeugte aber auch die Vollblutfußballerin davon, geduldig zu sein und später mit einem sorgfältigen Aufbautraining zu beginnen. Dann, als sie wieder voll einsteigen durfte, arbeitete Alina Witt hart und konsequent an ihrem Comeback – halbe Sachen sind eben nicht ihr Ding.

„Als ich zum ersten richtigen Training in diesem Frühjahr wiederkam, bin ich sehr herzlich von allen aufgenommen worden. Es macht einen Riesenspaß mit dieser Mannschaft und unserem Trainerteam. Es passt alles.“

Diese Einstellung und ihre Torgefährlichkeit dürften schon bald Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen wecken. „Bei mir hat aber bislang niemand angerufen“, sagt Alina Witt, die nach der Schule eine Ausbildung zur Mediengestalterin anstrebt, „aber vielleicht muss ich nach dieser Saison ja auch gar nicht wechseln, wenn ich eine Klasse höher spielen möchte ...“