Zu Hause ist Eintracht Norderstedt bisher eine Macht. Am Sonntag kommt der sieglose Aufsteiger FT Braunschweig

Norderstedt. Thomas Seeliger beschlich ein ungutes Gefühl, als er am Montag im Fernsehen die Live-Übertragung des Zweitliga-Fußballspiels zwischen der SpVgg Greuther Fürth und dem FC St. Pauli verfolgte. Der Trainer von Eintracht Norderstedt, selbst viele Jahre Profi in der ersten und zweiten Bundesliga, ist lange genug im Geschäft, um zu ahnen, welche branchenüblichen Mechanismen die 0:3-Niederlage der Hamburger wahrscheinlich nach sich ziehen würde.

Und so kam es – St. Paulis Coach Roland Vrabec, zuvor bereits öffentlich angezählt, wurde beurlaubt, begleitet von den üblichen Phrasen. Wovon wiederum Seeliger auch persönlich betroffen war. Schließlich hat er bei seinem Ex-Verein in den letzten Wochen ein Praktikum durchlaufen; dieses war Bestandteil der Ausbildung zum Fußballlehrer, Vrabec also sein direkter Ansprechpartner.

„Das ist bitter. Ich kann die Hintergründe nicht hundertprozentig bewerten, weil ich nur kurzzeitig dort war. Aber menschlich tut mir das leid. Ich habe mich bei Roland auch noch einmal bedankt, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, Einblicke zu bekommen“, sagt Thomas Seeliger.

Doch der Ball rollt weiter. Seeliger selbst ist seinerseits unumstritten bei der Eintracht, dem überraschenden Tabellendritten der Regionalliga Nord. In den kommenden zwei Partien bietet sich der Mannschaft sogar die reale Möglichkeit, sich vorerst in den vorderen Rängen des Klassements zu etablieren. Der Spielplan sieht zwei Heimspiele vor – zuerst am Sonntag gegen den noch sieglosen Aufsteiger FT Braunschweig (14 Uhr), eine Woche darauf gegen den ebenso schwach gestarteten VfB Oldenburg.

Bekannt ist: Im Edmund-Plambeck-Stadion hat Norderstedt noch keinen Punkt abgegeben, zuletzt den VfB Lübeck souverän 3:0 bezwungen. „In der Tat gibt es die Möglichkeit, dass wir uns oben festsetzen können“, so Thomas Seeliger. „Aber dafür müssen wir vernünftig arbeiten und dürfen Braunschweig nicht unterschätzen.“

Das könnte ansonsten beim Blick auf die Statistik durchaus passieren. Bereits fünfmal verloren die Freien Turner, ohne ein Tor erzielt zu haben, lediglich beim 2:2 gegen den BV Cloppenburg sowie beim 0:0 in Havelse gab es jeweils ein Remis. Erwartet wird von Eintracht-Seite ein defensiver, konterorientierter Gast – es könnte also eine Frage der Geduld werden.

Fest steht, dass Seeliger im zentralen Mittelfeld umstellen muss. Kapitän Philipp Koch liegt mit einer Mandelentzündung flach, nimmt deswegen derzeit Antibiotika. Zudem fehlt mit Marius Browarczyk ein weiterer Eckpfeiler des Teams – der Defensivabräumer hat sich, wie sich im Nachhinein herausstellte, in der Partie beim Goslarer SC (3:2) einen Muskelfaserriss zugezogen. „Wir werden uns etwas einfallen lassen. Aber wir haben Alternativen“, so Seeliger.

Dafür kehrt mit Björn Nadler ein Akteur zurück, für den die letzten zwei Spiele an der Ochsenzoller Straße wahre Festtage waren. Sowohl gegen den SV Meppen (2:1) als auch gegen Lübeck gelangen dem 29 Jahre alten Linksaußen zwei Tore – darunter waren gleich drei Kunstschüsse. „Ein bisschen Glück war dabei, aber das waren wirklich schöne Tore“, sagt er.

Und das, obwohl Nadler in der kompletten Regionalliga-Saison 2013/2014 überhaupt nur drei Treffer erzielt hatte. Für die eigenen, hohen Ansprüche war dies eindeutig zu wenig. „Da war ich schon enttäuscht. Ich hatte viele Verletzungen, es waren so Kleinigkeiten, aber ich war nie hundertprozentig fit. Jetzt fühle mich mich sehr gut. Die Tore kommen auch durch die körperliche Fitness, man fühlt sich einfach frischer.“ Ein Aspekt kommt zudem hinzu, wie der Edeltechniker betont bescheiden anfügt. „Ich verstehe mich ganz gut mit dem Ball.“

Den Auswärtstrip in den Harz nach Goslar hatte Björn Nadler aus privaten Gründen nicht angetreten; jetzt freut er sich auf seinen Einsatz vor den eigenen Fans. „Zu Hause ist es immer angenehmer zu spielen, allein schon, weil man nicht die stressige Busfahrt hat. Obwohl das jetzt auch keine Ausrede sein darf.“