Tennis-Profi aus Henstedt-Ulzburg verliert Qualifikationsmatch am Rothenbaum, bleibt dort aber als Trainingspartner

Kaltenkirchen. Um ein Haar wäre Florian Barth zu seinem Spiel des Jahres zu spät gekommen. Der 25 Jahre alte Tennisprofi aus Henstedt-Ulzburg, der seine Punktspiele für den Nordligisten TG Quickborn/TC an der Schirnau bestreitet, sollte auf Court 2 der Anlage am Hamburger Rothenbaum nach Spielbeginn um 11 Uhr das dritte Qualifikationsmatch des Tages zu den bet-and-win-Open 2014 bestreiten. „Und da setzt man auf einem Sandplatz eigentlich bis zu zwei Stunden pro Match an; aber dann hat die erste Partie unserer Gruppe nur 40 Minuten gedauert, da war dann plötzlich Eile angesagt“, sagte Barth, der nun schon um 14 Uhr dem Argentinier Facundo Bagnis, Nummer 113 der Weltrangliste, gegenübertreten sollte.

Ein neuer Tapeverband musste am lädierten Knöchel angelegt werden, der Schläger benötigte noch eine neue Bespannung und die mentale Vorbereitung durfte auch nicht zu kurz kommen. Dann betrat er den Platz und sah sich der bislang größten Kulisse seiner noch jungen Tennis-Karriere gegenüber. „Da waren tatsächlich 500 bis 600 Menschen in der Arena“, sagte Barth, für den es dank seiner Wildcard, die er als Preis für den Gewinn des Landestitels im vergangenen Monat erhalten hatte, die zweite Qualifikationsteilnahme am Rothenbaum in Folge war. „2013 sind das nur knapp halb so viele Menschen gewesen. Das war jetzt eine beeindruckende und schöne Atmosphäre, die unglaublichen Spaß gemacht hat.“

Auch weil sich unter den Zuschauern zahlreiche Freunde und Bekannte befanden, die ihrem „Helden“ die Daumen drücken wollten. Vielleicht hätten sie damit auch Erfolg gehabt, wenn sich Barth nicht 48 Stunden vor seiner 3:6, 5:7-Niederlage gegen den um 750 Positionen höher in der ATP-Weltrangliste angesiedelten Argentinier selber schwer gehandicapt hätte. „Ich bin im Training gleich doppelt umgeknickt und habe mir am Knöchel innen wie außen Dehnungen zugezogen“, sagte Barth. „Damit ich überhaupt mein Match bestreiten konnte, habe ich das volle Programm mit Quarkwickeln, Schallwellen- und Physiotherapie, Tapeverbänden und auch starken Schmerzmitteln durchgezogen. Ich habe dafür gut gespielt, konnte aber nicht alles abrufen, was sonst möglich wäre.“

Mit einem Tag Abstand zum Match und dem Aus des Traums von Erreichen des Hauptfelds in einem ATP-500-Turnier blickte der Jungprofi auch auf einige positive Eindrücke zurück. „Schließlich habe ich angesichts der Voraussetzungen noch das Beste draus gemacht“, sagte Barth, der sich abseits des Spielbetriebs an zwei bis drei Tagen pro Woche als Coach verdingt und einen Bespannungsdienst betreibt. „Auch hat mir das Spiel wieder die motivierende Erkenntnis gegeben, dass mich und meinen Gegner zwar zahlenmäßig laut Rangliste einiges trennt, dass es aber im direkten Aufeinandertreffen nur noch Nuancen sind, die mir da fehlen.“

Die Schmerzen waren doch zu groß, um die Überraschung zu schaffen

Genau deswegen war Barth direkt nach dem Match und auch jetzt noch ein wenig geknickt, dass er diese entscheidenden Körnchen mehr wegen seines Handicaps nicht zulegen konnte. „Ich hatte zwar noch drei starke Schmerztabletten genommen, aber in einigen Momenten kann selbst noch so viel Adrenalin im Blut den Schmerz nicht mehr verdrängen“, sagte Barth, „aber hinterher haben die vielen Worte des Lobs und Trostes schon sehr geholfen. Das macht Mut.“

Und es motiviert auch so sehr, um die Schmerzen weiterhin in den Hintergrund zu stellen und auch die nun folgende Turnierwoche am Rothenbaum zu verbringen. Denn selbst ein verletzter und ausgeschiedener Florian Barth ist dort noch heiß begehrt – nämlich als Trainingspartner selbst für die Tennisgrößen der Szene.

Florian Barth ist Linkshänder und hat sich in 21 Jahren engagiertem Training eine so gute Technik erarbeitet, die ihn zum wertvollen Vorbereitungspartner selbst für die Elite dieses Sports macht. So befand auch im vergangenen Jahr tatsächlich Roger Federer.

Die langjährige Nummer eins im Welttennis hatte beim Veranstalter des Hamburger Top-Meetings angefragt, ob denn nicht ein Linkshänder zur Verfügung stünde. Federer beabsichtigte bestmöglich vorbereitet in das Halbfinale zu gehen. Wenig später trainierte er mit Florian Barth auf dem Platz, was den Schweizer indes nicht vor dem Ausscheiden gegen den Argentinier Federico Del Bonis (6:7, 6:7) bewahrte.

„Das war ein großer Tag für mich, unbeschreiblich, vor fast 400 Schaulustigen gegen einen so prominenten Spieler auf dem Platz zu stehen“, sagte Barth, der sich sehr über einen ähnlichen Moment auch in diesem Jahr freuen würde. „Wer weiß, dieses Mal ist ja zum Beispiel ein David Ferrer dabei. Das wäre ein Training, das mir riesigen Spaß machen würde.“

Und so meldet sich Florian Barth dieser Tage regelmäßig im Players Center am Rothenbaum und fragt nach, ob ein Linkshänder angefordert wurde...