Die Hip-Hop-Tanzformation aus Weddelbrook will in Italien mindestens unter die ersten Sechs kommen. Das Training läuft auf Hochtouren

Weddelbrook . „Zur Weltmeisterschaft? Wir?“ Die Smarteys konnten es nicht fassen. Ungläubig schauten die Mädchen und Mika, der einzige Junge der Gruppe, ihre Betreuerin Elke Anderson an. Meisterschaften zu gewinnen ist für die tanzenden Hip-Hopper des TSV Weddelbrook nichts Ungewöhnliches mehr, doch zu einer WM? Ja, sie fahren hin. Am 28. Juni beginnt im italienischen Cervia die Hip-Hop-WM, und die Smarteys sind dabei.

Seit die 20 Mädchen und Mika vor zwei Wochen bei den norddeutschen Meisterschaften im niedersächsischen Posthausen von ihrem bevorstehenden Wettkampf mit den besten Tänzern der Welt erfuhren, steigt die Spannung ständig und das Trainingspensum auch. Die Smarteys sind zwischen 14 und 19 Jahre alt und müssen neben der Schule oder der Ausbildung zwei wöchentliche Trainingseinheiten bewältigen und mehrere Stunden am Wochenende fürs Üben opfern.

Für die weite Reise nach Italien bilden die Eltern Fahrgemeinschaften

Doch die Aussicht auf eine WM-Teilnahme ist den tanzbegeisterten Jugendlichen die Anstrengung wert. Dabei geht fast unter, dass die Smarteys nur eine Woche vor dem Wettkampf in Italien in Mannheim bei der Super League, der deutschen Meisterschaft der Hip-Hop-Tanzformationen, antreten müssen.

Betreuerin und Smarteys-Gründerin Elke Anderson will die Spannung nicht auf die Spitze treiben, doch sie hat das Ziel klar definiert. „Ich halte den Ball flach“, sagt sie. „Wir sollten unter die ersten Sechs kommen.“ Für die weite Reise nach Italien bilden die Eltern Fahrgemeinschaften und bringen ihre Kinder nach Mannheim, von dort geht die Fahrt per Reisebus weiter nach Cervia.

Dass Sportler aus dem kleinen TSV zu einer WM fahren, ist für die 1000-Einwohner-Gemeinde eine Sensation. Viele der Tänzerinnen der Smarteys kommen aus dem Dorf, die anderen leben in den Nachbargemeinden. In keinem anderen Dorf in der Region wird ein Besucher eine dermaßen tanzbegeisterte Jugend finden. Wer zu jung für die Smarteys ist, geht zu den Amtitys, den Effectas oder zu der Gruppe Firstclass, in der sich Vier- bis Achtjährige zum Hip-Hop treffen und sich schon mal an wummernde Bässe und schweißtreibende Bewegungen gewöhnen.

Mika hat kein Problem damit, der einzige Junge in der Gruppe zu sen

Die Gruppen gehören zu dem TSV-Projekt Dance Sensation, das 1992 entstand, als Elke Anderson – Erzieherin mit Tanzlehrerlizenz – zum ersten Mal zum Kindertanz in Weddelbrook aufrief. Ihre Kinder Kari und Kjell, damals vier und sechs Jahre alt, wollten tanzen und Mama war der Weg zum nächsten Sportverein mit einem Angebot für Kinder in Bad Segeberg zu weit. Die Resonanz im Dorf war groß: 36 Kinder kamen. Den ersten Auftritt absolvierte Dance Sensation beim dörflichen Ernteball.

Die ersten Figuren schaute sich Elke Anderson im Musiksender MTV ab. Sie und später auch einige Mädchen besuchten Workshops. Seit November 2013 kommt außerdem regelmäßig Tanzlehrer und Choreograph Lorenzo Pignataro zum Training nach Weddelbrook. Zwei Drittel seines Honorars zahlt der Verein, den Rest übernehmen die Tänzer.

„Sie können es schaffen“, sagt er über die Erfolgsaussichten der Smarteys bei der WM. „Es muss aber noch eine Steigerung kommen.“ Ihn beeindruckt besonders die hohe Motivation und Disziplin der Smarteys. Selbst bei einem Trainingsbeginn an einem Sonntag um 9 Uhr sind alle Tänzer pünktlich, umgezogen und fit. „Das erlebe ich nicht überall“, sagt Pignataro.

Und was sagen die Jugendlichen über ihr Hobby? Der 16-jährige Mika aus Brokstedt hat kein Problem damit, der einzige Junge in der Gruppe zu sein. Seine Freundin hat er bei den Smarteys kennengelernt. Als Mika anfing, waren noch zwei Jungen dabei. „Doch die haben ganz schnell wieder aufgehört“, sagt der Schüler, der bei einem Auftritt meistens in der Mitte steht.

Lina, ebenfalls 16 Jahre, reizte die Tanzrichtung der Smarteys. Die Schülerin aus Bad Bramstedt hatte vorher in einem anderen Verein getanzt, sich mit Musicals und Videoclips beschäftigt und war von dem hohen Niveau in Weddelbrook begeistert. „Das ist schon stressig“, sagt Lina über die Belastung durch Oberstufe und Training. „Aber der Tanz ist ein guter Ausgleich.“

Die 15-jährige Johanna aus Lentföhrden gehört schon seit zehn Jahren zur Weddelbrooker Dance Sensation. „Ich kann mir keine andere Sportart vorstellen“, sagt die Schülerin, die nebenbei auch Ballett tanzt. „Ich habe immer Tanzen geliebt.“