Bei den Fußballern des SV Henstedt-Ulzburg herrscht nach dem Sprung in die Schleswig-Holstein-Liga Ratlosigkeit

Henstedt-Ulzburg. Der Antiklimax, das Gegenteil einer Aufbruchstimmung, war binnen weniger Minuten erreicht. Soeben waren die Fußballer des SV Henstedt-Ulzburg als Vizemeister nach nur einem Jahr Abstinenz wieder in die Schleswig-Holstein-Liga aufgestiegen, also in die Klasse, wo ein Verein dieser Größe normalerweise auch vertreten sein muss.

Der letzte Verbandsliga-Spieltag verlief dabei weit weniger dramatisch als befürchtet; der SVHU bezwang den FC Itzehoe mit 5:0 (1:0), parallel dazu war das knappe 2:1 (2:1) des Konkurrenten TSV Lägerdorf gegen Rot Weiss Kiebitzreihe zu wenig. So viel zum sportlichen Geschehen, das bemerkenswert schnell zur Nebensache wurde.

Nämlich in dem Moment, als Trainer Jens Martens damit begann, die Situation der Mannschaft und im Verein zu beschreiben. Der 58-Jährige ist lange im Geschäft, er weiß, was er wie sagen kann und welche Bedeutung jede Aussage haben könnte. „Wir haben unser Ziel erreicht, und das in einer ganz, ganz schwierigen Saison“, begann er sein Statement.

Schwierig deshalb, weil sein Team anfangs nicht immer die Einstellung gefunden hatte, um in der unpopulären Verbandsliga zu bestehen. Dies wäre aber zu verschmerzen gewesen, schließlich reichte es ja trotzdem. Aber dann kam Martens zu den eigentlichen Problemen: „Wir wissen bis heute nicht, wie es weitergehen soll. Trotzdem hat sich die Mannschaft extrem loyal verhalten, wir haben erst einen Abgang.“

Der Coach steht zwischen den Fronten, vielleicht ist er beim SVHU sogar eine Reizfigur. Seit langer Zeit ist die Fußballabteilung im SV Henstedt-Ulzburg gespalten zwischen Befürwortern und Gegnern des Leistungssports. Über Monate schon wird die Sparte lediglich kommissarisch geführt, es fehlt an strategischem Denken – was aber auch auf den Gesamtverein zutrifft, der den seit Januar vakanten Posten des Vorsitzenden nach der Trennung von Nadine Lange überhaupt erst einmal wieder besetzen muss.

Erst vor wenigen Tagen gelang es, einen – dem Vernehmen nach mittleren fünfstelligen – Etat für die Saison 2014/2015 zu beschließen. Michael Neu, langjähriger Sponsor, ist weiterhin mit an Bord. Dies allerdings nur, weil der SVHU nach offenbar komplizierten Verhandlungen bereit war, einen Teil der Finanzierung zu übernehmen.

Im Prinzip kommen diese Planungen ein halbes Jahr zu spät. „Wenn wir den Etat im Februar gehabt hätten, dann würden wir jetzt einen 20er-Kader haben“, sagte Jens Martens, „so aber haben wir gar keinen Kader beisammen.“ Der Coach muss in den kommenden Tagen und Wochen fast schon zaubern, sein bekannt gutes Netzwerk ist wichtig wie nie zuvor. Gerade deshalb, weil sich Oliver Wegmann, bis zum Frühjahr die rechte Hand des Übungsleiters, aus beruflichen Gründen verabschiedet hat. „Ich traue mir das zu“, so Martens, „aber der Markt ist zu dieser Jahreszeit nicht mehr so offen.“

Oder gibt er nach elf Jahren Amtszeit sogar auf? Manche Anwesende deuten seine Ausführungen in diese Richtung. Ein klares Bekenntnis pro SVHU vermied er. „Auch aus Verantwortung der Mannschaft gegenüber werde ich keine Entscheidung über die Köpfe der Spieler hinweg treffen.“

Während Jens Martens dies sagte, stand sein Kapitän André Zick stumm neben ihm, ein Zeichen der Solidarität. Dann ergriff der Torhüter das Wort: „Ich bin dazu erzogen worden, leistungsbezogen Fußball zu spielen. Mein Anspruch ist die Schleswig-Holstein-Liga.“ Zick ist eine Schlüsselfigur, ihm könnte es gelingen, Mitspieler zum Bleiben zu bewegen. „André geht mit klarem Kopf voran, sein Wort hat viel Gewicht im Team“, so der Trainer.

Lange darf der Schwebezustand indes nicht mehr anhalten. Spätestens nach dem Kreispokalfinale am 1. Juni, gegen den SV Todesfelde muss eine Entscheidung her, ganz gleich, wie einschneidend sie auch sein mag. Bis zum 30. Juni muss der SV Henstedt-Ulzburg dem Verband bestätigen, ob er in der Schleswig-Holstein-Liga kicken möchte oder auf sein Startrecht verzichtet. Sollte Letzteres eintreten, wäre dies wohl das Ende des Leistungsfußballs auf dem Rhen. Ohne ein konkurrenzfähiges Team in der höchsten Landesklasse anzutreten, diese Blöße wird sich Jens Martens kaum geben.

„Wir müssen sehen, was wir für einen Kader zusammenbekommen und ob das Aufgebot spielklassenadäquat ist. Viele der Jungs haben ihre Entscheidung vom Match gegen Itzehoe abhängig gemacht. Aber es gibt auch welche, die den Aufwand in der SH-Liga nicht mehr mitmachen wollen.“

Abschließend beschrieb der Trainer den SV Henstedt-Ulzburg als ein Puzzle: „Viele Teile liegen noch unsortiert herum.“ Ob die Bastelarbeit jemals fertig ist, kann derzeit allerdings niemand prognostizieren...