Regionalliga-Fußballer von Eintracht Norderstedt bezwingen im letzten Heimspiel der Saison 2013/2014 den SC Victoria mit 3:0

Norderstedt. Über das bewegte (Fußball-) Leben von Jürgen Tunjic ließe sich mit Sicherheit ein unterhaltsames Buch schreiben, gespickt mit unzähligen Anekdoten aus der Hamburger Amateurszene. Oder doch ein Filmporträt? „Tore pflastern seinen Weg“ wäre vielleicht ein treffender Arbeitstitel. Wobei der 39 Jahre alte, gefühlt ewig junge Stürmer andererseits immer wieder Episoden hinzufügt, die es wert sind, erzählt zu werden.

So wie im Regionalliga-Derby zwischen Eintracht Norderstedt und dem SC Victoria. Unter normalen Umständen hätte Tunjic nicht auf den Platz gehört, eher auf die Tribüne des Edmund-Plambeck-Stadions. Ein Arzt hätte ihn wohl krank geschrieben. „Ich konnte in dieser Woche kaum laufen, habe mir wahrscheinlich den kleinen Zeh gebrochen. Aber ich wollte unbedingt noch ein paar Minuten spielen. Mit Tabletten ging es. Und Trainer Thomas Seeliger hatte mir das Spiel auch versprochen.“

Unter historischen Gesichtspunkten war es sogar unbedingt nötig, dass sich der Publikumsliebling vor seinen Wechsel zurück zu Germania Schnelsen noch einmal zeigen würde. Wenn auch nur in der Schlussphase. Denn als der Routinier in der 86. Minute den Rasen für Marius Browarczyk betrat, begann sein 400. Einsatz in der vierthöchsten deutschen Spielklasse; Tunjic kickte in der Regionalliga, die früher als Oberliga bezeichnet wurde, unter anderem auch für Altona 93 und Raspo Elmshorn.

Das Jubiläum alleine wäre bereits eine Nachricht. Aber es kam noch besser. Die Nachspielzeit war bereits abgelaufen, als Deran Toksöz ein letztes Mal in den Strafraum der indisponierten Gäste dribbelte, Victorias Noel Below sich nur mit einem Foul behelfen konnte, was folgerichtig zum Platzverweis und zum Penalty führte. Normalerweise würde nun Kapitän Philipp Koch, der im ersten Durchgang schon ein Freistoßtor erzielt hatte, stoisch zum Punkt schreiten, seine Zuständigkeit für derartige Angelegenheiten ist schließlich klar geregelt.

Jürgen Tunjic trifft in seinem 400. Viertliga-Spiel per Strafstoß

„Aber dann haben die Jungs mit mir Augenkontakt gehabt“, sagte Jürgen Tunjic, der die Einladung dankend annahm und mit dem Treffer zum 3:0 den Schlusspunkt unter ein einseitiges Match setzte. Die gesamte Mannschaft stürmte anschließend auf den Angreifer zu – ein Zeichen für die hohe Anerkennung, die der Kroate auch wegen seiner professionellen Einstellung im Team genießt.

Tunjic steht nun bei fünf Saisontoren, vier davon hat er nach Einwechslungen erzielt. Doppelt so gut ist die Quote bei Jan Lüneburg, der zumindest erleichtert war, dass er erstmals seit Anfang März wieder jubeln durfte. Der frühere Elmshorner nickte in der 84. Minute eine Flanke von Toksöz am langen Pfosten ein, wenngleich er wenige Momente zuvor noch alleine vor Victoria-Keeper Tobias Grubba nur ein Schüsschen zustande gebracht hatte.

„Es lief in den letzten Wochen nicht gut bei mir. Bei meiner ersten Chance hat mir der Torwart die Ecke angeboten, dann habe ich das aber schlecht gemacht. Beim 2:0 habe ich dann auf den langen Pfosten spekuliert.“

Mit seiner Ausbeute in der Punktrunde 2013/2014 ist Lüneburg nur bedingt zufrieden. „Mein Ziel waren zehn Tore. Aber im Nachhinein habe ich aus meinen Chancen zu wenig gemacht“, so der Angreifer.

Gegen den SC Victoria fiel dies allerdings nicht ins Gewicht, denn der akut abstiegsgefährdete Traditionsverein von der Hoheluft präsentierte sich erschreckend mutlos. Die Jahre, in denen „Vicky“ den Norderstedtern sportlich um einiges voraus war, sind verblichene, längst vergangene Zeiten. Zumal Victoria durch das anschließende 1:0 des SV Eichede gegen Eintracht Braunschweig II sogar auf den letzten Tabellenplatz, also einen direkten Abstiegsrang, abgerutscht ist. Kein Wunder, dass sich Gästetrainer Lutz Göttling auf der Pressekonferenz unangenehme Fragen gefallen lassen musste, ob sein Club nicht eine Klasse tiefer, also in der Oberliga Hamburg, besser aufgehoben wäre.

Am 24. Mai muss die Eintracht beim U23-Team von Werder Bremen ran

Für die Eintracht gilt das nicht. „Nie im Leben hätte man vor dieser Saison gedacht, dass wir als Aufsteiger 43 Punkte holen“, sagte Coach Thomas Seeliger. Im Klassement ging es durch das 3:0 hoch auf Rang acht – es ist die beste Platzierung des Neulings seit dem 12. Spieltag (20. Oktober).

Es dürfte allerdings schwierig werden, im letzten Match der Regionalliga-Runde noch einmal nachzulegen. Am Sonnabend, 24. Mai, spielen die Garstedter um 14 Uhr zum Abschluss beim Tabellenzweiten, der U23-Mannschaft des SV Werder Bremen. Diese wiederum würde mit einem Heimsieg am letzten Saisonwochenende die Meisterschaft feiern und sich damit die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur 3. Liga sichern, sofern Spitzenreiter VfLWolfsburg II zeitgleich nicht gegen den Hamburger SV II gewinnen sollte.

Tore: 1:0 Philipp Koch (45.+1), 2:0 Jan Lüneburg (84.), 3:0 Jürgen Tunjic (90.+2/Foulelfmeter).Gelb-Rote Karte: Noel Below (Victoria/90.+2/wiederholtes Foulspiel).Zuschauer: 352.Eintracht Norderstedt: Höcker – Heinemann, Eglseder, Mandic, Kummerfeld – Koch – Marxen (89. Cengiz), Toksöz, Browarczyk (86. Tunjic), Schneider (64. Lüneburg) – Meyer.Die Tabelle der Regionalliga Nord: 1. VfL Wolfsburg II (71 Punkte/82:26 Tore), 2. Werder Bremen II (70/67:42), ..., 8. Eintracht Norderstedt(43/50:52), ..., 10. FC St. Pauli II (43/53:57), ..., 14. Hamburger SV II (34/42:51), ..., 17. SV Eichede (23/43:79), 18. SC Victoria (23/23:77).