Eine Woche nach dem 1:0 beim HSV II setzt sich Eintracht Norderstedt mit 3:0 gegen den FC St. Pauli II durch

Hamburg. Wenn Deran Toksöz spricht, wählt er seine Worte mit Bedacht. Seine Stimme ist leise, positive Statements begleitet er oft mit fast schon entschuldigenden Gesten. Öffentlich im Mittelpunkt zu stehen, das ist auch in der Regionalliga Nord ein Teil des Fußballgeschäfts, gerade für einen Spieler, der vom Drittligisten Holstein Kiel zu Eintracht Norderstedt gewechselt ist. Aber dass sein neuer Club eine mittlerweile auch mit Zahlen belegbare, positive Tendenz eingeschlagen hat, seitdem Toksöz in Garstedt angekommen ist, möchte der 25-Jährige sichtbar ungern mit seiner Person verbunden sehen.

„Ich versuche mich einzufügen. Und gut war ich diesmal nicht wirklich“, sagte er mit charakteristischer Bescheidenheit. Dabei war der Anteil des Mittelfeldakteurs am 3:0 (0:0)-Auswärtserfolg beim FC St. Pauli II – eine Torvorlage und ein selbst erzielter Treffer – nicht von der Hand zu weisen.

Die Rolle des Spielverderbers zu Lasten der großen Nachbarn hat die Eintracht nun ein zweites Mal innerhalb einer Woche erfolgreich ausgefüllt. Erst mit dem 1:0 beim HSV II, nun sogar mit dem weitaus deutlicheren Auswärtserfolg im Stadion an der Hoheluft. Als Lohn ist der Vorsprung auf die Abstiegsränge weiter angewachsen. Bemerkenswert: Nicht zum ersten Mal in dieser Saison entschieden die Norderstedter, die jetzt schon Tabellenelfter sind, eine Partie erst in der Schlussviertelstunde. Und das in einer Art und Weise, die nun wirklich nicht alltäglich war.

St. Paulis Coach Thomas Meggle versuchte nach dem Schlusspfiff zwar, die Contenance zu wahren, doch der aufgestaute Frust brach schließend doch aus ihm heraus. „Spiele wie dieses sind einfach nur zum Kotzen. Meine Jungs machen und tun, und dann verlieren wir mit 0:3. Als Trainer ist man da machtlos.“

Was ihn und seinen Kollegen Thomas Seeliger – beide betonten noch einmal ihre Freundschaft – einte, war, dass sie sich mit einem ganz anderen Resultat arrangiert hatten, ehe sich die Ereignisse überschlugen. „Ich habe zu meinem Co-Trainer gesagt: Meine Güte, dann nehmen wir eben das 0:0 mit“, sagte Meggle. Und Thomas Seeliger? „Wir waren in einer Phase, wo ich dachte: Hoffentlich halten wir das 0:0. Und dann passiert dieses Eigentor ...“

Besagtes Malheur unterlief Tjorben Uphoff, Innenverteidiger des FC St. Pauli II, der eine Hereingabe von Linus Meyer am kurzen Pfosten über die eigene Torlinie grätschte (78.). Diese Wende hatte sich keineswegs angedeutet, weshalb die zuvor in der Regionalliga fünfmal nacheinander ungeschlagenen Gastgeber prompt angeknockt waren. Sie mussten das Risiko erhöhen, entblößten demzufolge ihre zuvor solide Defensive. Auf diese Gelegenheit hatte Eintracht Norderstedt nur gelauert, die Gäste schlugen binnen zwei Minuten zweimal zu: Erst Jan Lüneburg (83.), dann Deran Toksöz (84.) – die Begegnung war entschieden.

Die meisten Norderstedter grinsten hinterher um die Wette. „Das kann man mit einem Wort beschreiben: clever“, sagte Marius Browarczyk. Lüneburg, erneut nur eingewechselt, nutzte seinen Kurzeinsatz für Eigenwerbung. „Ich habe mein Tor gemacht, alles ist gut.“ Für die vielen späten Eintracht-Treffer hatte er eine ebenso simple wie einleuchtende Erklärung parat: „Wir werden konditionell gut vorbereitet.“

Und Deran Toksöz? Der erinnerte sich an seine 18-monatige Vergangenheit beim FC St. Pauli (2010/2011) – hier ein Handshake, da eine Umarmung und ein kurzer Plausch. Mit Bezug auf die Eintracht klang er zum Abschluss für seine Verhältnisse dann sogar ziemlich ambitioniert: „Ich bin ja nicht hergekommen, um zu verlieren. Ich denke, wenn wir 45 Punkte erreichen, halten wir die Klasse.“

Zu dieser Rechnung fehlen demnach noch 17 Zähler aus zehn verbleibenden Spielen. Thomas Seeliger kalkuliert indes konservativer als sein Mittelfeldakteur. „Das ist alles hypothetisch. Ich denke, dass sogar 35, 36 Punkte ausreichen könnten. Aber man weiß nie. Wichtig ist, dass es uns aktuell hervorragend gelingt, den Druck auf die anderen abstiegsgefährdeten Mannschaften zu erhöhen.“

Tore: 0:1 Tjorben Uphoff (78./Eigentor), 0:2 Jan Lüneburg (83.), 0:3 Deran Toksöz (84.). FC St. Pauli II: Heerwagen – Schindler, Uphoff, Rogowski, Schlüter – Rahn, Jakubiak (81. Büchler) – Wriedt (72. Drinkuth), Bahn (72. Zazai), Graudenz – Pini. Eintracht Norderstedt: Höcker – Marxen, Eglseder, Mandic, Kummerfeld (74. Heinemann) – Koch – Kunath, Browarczyk, Toksöz, Nadler (68. Meyer) – Schneider (68. Lüneburg). Zuschauer: 347.